Jüngste Weltumseglerin wieder an Land
15. Mai 2010Als Jessica Watson am Samstag (15.05.2010) vor dem Opernhaus von Bord ging, liefen ihr Tränen der Erleichterung über die Wangen. Bei ihren ersten Schritten an Land seit 210 Tagen stützte sie sich auf ihren Vater und ihren Bruder. Zu ihren Ehren wurde – passend zu ihrer Jacht "Ella's Pink Lady" – ein pinkfarbener Teppich entrollt.
Australiens neue Heldin
"Die Leute wissen nicht, wozu 16-Jährige und Mädchen fähig sind", sagte Watson stolz. "Es ist toll, die Erwartungen zu übertreffen." Der australische Ministerpräsident Kevin Rudd begrüßte das Mädchen als "Australiens neueste Heldin". Davon wollte Watson allerdings nichts wissen. Sie fühle sich nicht als Heldin, sagte sie. "Ich bin ein gewöhnliches Mädchen, das an seinen Traum geglaubt hat."
Watson legte insgesamt 23.000 Seemeilen zurück und traf drei Tage vor ihrem 17. Geburtstag an ihrem Zielhafen in Sydney ein. Von dort aus war das Mädchen am 18. Oktober 2009 in See gestochen und hatte in den vergangenen Monaten auch gefährliche Situationen meistern müssen.
Die meisten passierten ausgerechnet, als sie schon fast zu Hause war. An der Südküste Australiens geriet sie in schwere Gewitterstürme, vor Tasmanien warfen zehn Meter hohe Wellen die Jacht fast um. Mit ihrem sonnigen Gemüt und nach dem Motto "Was mich nicht umbringt, macht mich stark" sah Watson darin wertvolle Erfahrungen: "Wenn ich selbst zwischen den größten Wellen immer einen Grund zum Lachen finden konnte, in der Dunkelheit und selbst, nachdem ich fast umgekippt war, dann kann ich auch alles, was auf mich zukommt, mit einem Lächeln schaffen", schrieb sie in ihrem Reiseblog.
Mama ist überglücklich
Überglücklich zeigte sich vor allem ihre Mutter Julie: "Sie ist zu Hause", schluchzte sie bei der Einfahrt ihrer Tochter in den Hafen. Dass sie nun aber wieder festen Boden unter den Füßen hat, dürfte Julie zunächst Schwierigkeiten bereiten. "Es wird eine Weile dauern, bis sie ihre 'Landbeine' zurück hat", sagte ihre Sprecherin.
Das Abenteuer des jungen Mädchens war von Anfang an umstritten. Vor allem nachdem sie bei einer Vorbereitungsfahrt im September mit einem tonnenschweren Frachtschiff zusammenstieß. Die australischen Behörden hatten jedoch vergeblich versucht, die Schülerin von der geplanten Reise abzubringen.
Eine noch Jüngere sticht in See
Lange wird sie ihren Rekord möglicherweise nicht halten können: Bald will die Niederländerin Laura Dekker in See stechen – sie ist noch ein paar Jahre jünger. Die 14-Jährige darf laut einem Gerichtsentscheid aber frühestens in den Sommerferien zu ihrem auf zwei Jahre angesetzten Einhand-Törn in See stechen.
Ganz offiziell hält Watson den Rekord übrigens auch jetzt nicht. Denn der Segelrekordverband WSSRC hat ihre Weltumseglung nicht anerkannt. Die Distanz zwischen den Fixpunkten, die sie ansteuerte, war nach Berechnungen unabhängiger Navigatoren zu kurz. Außerdem hat der Verband die Kategorie "jüngster Weltumsegler" ohnehin abgeschafft.
Autor: Manfred Götzke (afp, apn, dpa)
Redaktion: Ursula Kissel