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Schuldenerleichterungen "unausweichlich"

Rolf Wenkel29. Juli 2015

Für IWF-Chefin Christine Lagarde war es eine Premiere: Zum ersten mal saß sie mit ihrem Sprecher Gerry Rice allein an einem Tisch und beantwortete Fragen von Journalisten per Video im Internet.

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USA Christine Lagarde IWF Online-PK
Bild: picture-alliance/dpa/IMF/S. Jaffe

Dabei wurde schnell klar: Der Internationale Währungsfonds hält weiterhin massive Schuldenentlastungen für Griechenland für unausweichlich, um dem Land wieder auf die Beine zu helfen. "Ich habe es schon öfters gesagt, dass ich die Schuldenlast Griechenlands als nicht tragfähig ansehe", sagte die Chefin des IWF, Christine Lagarde, am Mittwoch in ihrer ersten virtuellen Pressekonferenz im Internet.

Es müsse eine signifikante Schulden-Restrukturierung geben, forderte Lagarde, ohne allerdings Details zu nennen, ob sie mit "Restrukturierung" einen Schuldenschnitt oder eine Streckung der Laufzeiten meint. Mit Blick auf die Schuldenquote Griechenlands von rund 170 Prozent der Wirtschaftsleistung sagte Lagarde, diese Quote könne sogar in Richtung auf 200 Prozent steigen.

Vier Kriterien

Damit das Land wieder wirtschaftliche Perspektiven entwickeln könne, müssten nach Meinung Lagardes vier Kriterien erfüllt werden. So müssten sich die Behörden zuerst klare finanzpolitische Ziele mit klaren Umsetzungsschritten stecken. Zudem seien Strukturreformen nötig. Hinzu kommen müsse eine ausreichende Finanzierung für das Land sowie die vom IWF geforderten Schuldenerleichterungen.

Mit Blick auf widersprüchliche politische Äußerungen aus Griechenland unterstrich die IWF-Chefin, letztlich zähle nicht der "politische Lärm", sondern die Taten. Die griechische Regierung hat trotz vieler Vorbehalte gegen den IWF die Mitwirkung an dem geplanten dritten Hilfsprogramm für das Land beantragt. "Der griechische Finanzminister hat mir einen Brief geschrieben und mich zu den Verhandlungen eingeladen", stellte Lagarde klar.

World economic outlook aktualisiert

Lagarde nutzte diese erste virtuelle Pressekonferenz im Internet, auf der registrierte Nutzer per E-Mail Fragen stellen konnten, um einen aktualisierten Ausblick auf die Weltwirtschaft zu geben. "Momentan haben wir bestenfalls ein laues globales Wachstum von 3,3 Prozent in diesem und hoffentlich 3,8 Prozent im nächsten Jahr", sagte Lagarde. Zwar erhole sich die Weltwirtschaft, aber es sei ein "fragiles, unausgewogenes und ungleichmäßiges Wachstum, und am Horizont zeichnen sich Abwärtsrisiken ab."

Am meisten Freude bereiteten ihr zurzeit die Entwicklungsländer, weil diese größtenteils ein sehr dynamisches Wachstum aufwiesen. Die jüngste Konferenz der Vereinten Nationen zur Entwicklungsfinanzierung in Adis Abeba habe klare Signale des Aufbruchs gesendet.

Europa "kriegt die Kurve"

Auch in Ostasien gebe es einige Entwicklungsländer mit bemerkenswerten Wachstumsraten, ergänzte Lagarde. Für China sagt der IWF weiterhin ein etwas gebremstes Wachstum von 6,8 Prozent voraus. "Wir sehen zwar eine Verlangsamung des Wachstumstempos in China, aber die ist sehr maßvoll, und die Regierung scheint alles unter Kontrolle zu haben", so Lagarde weiter.

Auch für die Eurozone gab sich die IWF-Chefin optimistisch. Ungeachtet vieler Zukunftsängste, die besonders die Menschen in Griechenland hätten, "scheint die Eurozone die Kurve gekriegt zu haben", so Lagarde. Länder wie Irland, Portugal und mit Abstrichen auch Spanien hätten von ihren Sanierungsprogrammen profitiert und seien auf gutem Weg, bessere Wachstumsergebnisse zu erzielen.

Starke Erholung in den USA

Neben der Dynamik in vielen Entwicklungsländern bereiteten ihr auch die USA große Freude, die sich klar auf Erholungskurs befänden, und wo es vermutlich in nicht allzu ferner Zukunft einen Richtungswechsel in der Zinspolitik geben werde. Besonders schätze sie die Politik der US-Notenbankchefin Janet Yellen, den Märkten stets klare Signale zu senden, ob und wann sie mit einer Änderung der Zinsen rechnen könnten.

Sorgen bereiteten der IWF-Chefin der südamerikanische Kontinent und einige Schwellenländer, denen der Verfall der Rohstoffpreise offensichtlich schwer zu schaffen mache. Nun drohe noch zusätzlich die Gefahr, dass eine Änderung der amerikanischen Geldpolitik erneut Turbulenzen an den Finanzmärkten dieser Länder auslösen könne. Deshalb erwartet Lagarde für diese Länder nur geringe Wachstumsraten in diesem Jahr, "aber hoffentlich etwas Belebung in 2016".