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IWF fordert von der Politik "neues Momentum"

Rolf Wenkel9. Oktober 2014

Internationaler Wahrungsfonds und Weltbank mahnen zum Auftakt ihrer Jahrestagung in Washington mehr Investitionen an - und Sofortmaßnahmen gegen die Bedrohung durch das Ebola-Virus.

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Christine Lagarde
Bild: Reuters/J. Ernst

Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat ein neues Lieblingswort. Sie beklagt neuerdings das Risiko der "neuen Mittelmäßigkeit". Sie meint damit das eher mäßige Wachstum der Weltwirtschaft. Bei den entwickelten Volkswirtschaften machen ihr vor allem Europa und Japan Sorgen, bei den Schwellenländern sind es Russland und Brasilien, und in Asien machten nur China und Indien eine positive Ausnahme.

Das Problem: Wenn die Wachstumsraten in einzelnen Ländern nicht so hoch sind wie sie sein könnten, dann wird auch das Wachstumspotenzial, also die Voraussetzung für künftiges Wachstum, automatisch kleiner. Deshalb fordert die IWF-Chefin neuen Schwung von der Politik, "a new momentum", wie sie es nennt, um die Weltwirtschaft anzukurbeln.

Bislang hat der IWF sich immer darauf verlassen, dass freie Märkte alle Probleme von alleine lösen. Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung lautete das Credo der UN-Organisation. Doch angesichts der schwierigen Lage der Weltwirtschaft ruft Lagarde nun anlässlich der Herbsttagung von IWF und Weltbank in Washington nach staatlichen Konjunkturhilfen, zum Beispiel durch Investitionen in die Infrastruktur, die durchaus auch mal schuldenfinanziert sein können.

Schulden machen für die Haushaltssanierung?

"Das kann ein guter Weg sein, um kurzfristig das Wachstum zu unterstützen", sagte sie am Donnerstag. Solche öffentlichen Investitionen seien nicht nur hilfreich, um schnell die Wirtschaft anzukurbeln. Sie könnten auch auf längere Sicht dem Staat neue Einnahmen bescheren, wenn die Infrastrukturinvestitionen in neues Wachstum und neue Arbeitsplätze mündeten. "Das kann nicht nur wachstumsfreundlich, sondern auch schuldenfreundlich sein", so Lagarde.

"Die 188 Mitglieder des IWF müssen einen viel höheren finanziellen Beitrag leisten, um das heutige Wachstum und das morgige Wachstumspotenzial entscheidend zu erhöhen", schreibt sie in einem Strategiepapier mit dem Titel "Global Policy Agenda". Darin fordert sie neben mehr Investitionen in die Infrastruktur auch eine wachstumsfreundliche Fiskalpolitik und in "einigen Ländern" vermehrte Strukturreformen, vordringlich auf dem Arbeitsmarkt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat den Ruf nach mehr Investitionen durchaus gehört. Europa werde seine Investitionen ausbauen, solche Projekte würden nicht an der Finanzierung scheitern, sagte Schäuble am Rande der Jahrestagung. Die EU-Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) seien gebeten worden, bis zum Dezember konkrete Möglichkeiten auszuloten. "Ich verspreche: Wir werden eine Finanzierung von Projekten finden", zitiert die Nachrichtenagentur dpa den Finanzminister. Die Europäer hätten auch in der Vergangenheit ihre Zusagen an die internationalen Partner eingehalten: "Wir haben immer geliefert".

Weltbank fordert Sofortmaßnahmen gegen Ebola

Auch Weltbankpräsident Jim Yong Kim will die Investitionen in die Infrastruktur der Schwellen- und Entwicklungsländer massiv erhöhen. Er kündigte zu Beginn der Jahrestagung in Washington eine "Global Infrastructure Facility" an, ein globales Infrastrukturprogramm, das vor allem die Privatwirtschaft zu mehr Investitionen ermuntern soll. Die Weltbank schätzt, dass bis 2020 rund eine Billion Dollar zusätzlich nötig sind, um "das massive Infrastruktur-Defizit in diesen Ländern auszugleichen".

Dringender aber ist für ihn eine möglichst schnelle Hilfe für die drei von der Ebola-Epidemie betroffenen Staaten Guinea, Liberia und Sierra Leone. "Wenn es nicht bald gelingt, die Ausbreitung des Virus auf die Nachbarländer zu verhindern, wird sich der wirtschaftliche Schaden bis Ende 2015 auf 32,6 Milliarden Dollar belaufen", sagte Kim, "wohlgemerkt: nur für Westafrika".

Die globalen Folgen sind hingegen kaum zu beziffern, wenn zum Beispiel die Rohstoff-Exporte aus Afrika versiegen würden. Spekulative Hedgefonds hätten bereits damit begonnen, sich mit Kakaobohnen einzudecken, berichtet der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg. Die Spekulanten rechnen offenbar damit, dass die Epidemie auch auf die Elfenbeinküste überspringt, dem größten Kakao-Produzenten der Welt.