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IWF-Chefin muss in Frankreich vor Gericht

22. Juli 2016

Christine Lagarde soll einst als Wirtschaftsministerin eine Entschädigungszahlung von 400 Millionen Euro an den Unternehmer Tapie ermöglicht haben. Und das zu Unrecht.

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Christine Lagarde
Bild: Reuters/J. Naegelen

IWF-Chefin Christine Lagarde muss in Frankreich vor Gericht. Grund ist eine umstrittene Millionenzahlung zu ihrer Zeit als französische Wirtschaftsministerin. Das französische Kassationsgericht wies ihren Revisionsantrag am Freitag ab. Nun muss der Gerichtshof der Republik über die 60 Jahre alte Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) urteilen. Lagarde bezeichnete das Verfahren und die Vorwürfe stets als "völlig unbegründet". Die Französin steht seit 2011 an der Spitze des IWF.

Der früheren Wirtschaftsministerin wird Fahrlässigkeit vorgeworfen. Es geht um den Verdacht, Lagarde könne in ihrer Zeit in der Regierung in Paris (2007-2011) regelwidrig eine Entschädigungszahlung von rund 400 Millionen Euro an Bernard Tapie ermöglicht haben. Der Geschäftsmann hatte sich von der früheren Staatsbank Crédit Lyonnais beim Verkauf seiner Anteile am deutschen Sportartikelhersteller Adidas geprellt gesehen und deswegen geklagt.

Der Gerichtshof der Republik ist ein spezielles Gericht, das für Gesetzesverstöße französischer Regierungsmitglieder im Rahmen ihres Amtes zuständig ist.

Fall sorgt seit Jahren für Schlagzeilen

Der Fall sorgt schon seit Jahren für Schlagzeilen. Lagarde war in der Angelegenheit mehrfach von Korruptionsermittlern vernommen worden, im August 2014 wurde ein Anklageverfahren gegen sie eingeleitet. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu ein Jahr Gefängnis und 15 000 Euro Strafe.

Anfang Dezember 2015 hatte ein Berufungsgericht Tapie verurteilt, die auf den Schiedsspruch aus dem Jahr 2008 zurückgehende Entschädigung zurückzuzahlen.

Grande Dame der Finanzwelt

Christine Lagarde gilt als Grande Dame der Finanzwelt. Dabei ist die Französin an den Schalthebeln der internationalen Finanzmacht als Frau eher eine Ausnahmeerscheinung. Lagarde ist seit 2011 - und nach dem unrühmlichen Abgang ihres Landsmannes Dominique Strauss-Kahn - die erste Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Im Februar 2016 wurde sie für eine zweite Amtszeit bestätigt. "Ich freue mich darauf, den Mitgliedern weiter zu dienen und in der vor uns liegenden Zeit unsere wichtige Mission weiter zu führen", sagte die 60-Jährige damals.

In ihrer Funktion ist die Frau mit der grauen Kurzhaarfrisur zu einer der zentralen Figuren in der Euro-Schuldenkrise geworden. Vor allem in schuldengeplagten Ländern wird ihr Name aber nicht immer gern gehört. So werfen viele Menschen in Griechenland, aber auch in anderen Ländern wie Irland, dem IWF unter Lagardes Führung vor, zu strikte Bedingungen für die Gewährung von Hilfskrediten zu stellen.

Gelernte Juristin, Ökonomin und Amerikanistin

Als frühere Synchronschwimmerin ist Lagarde ein langer Atem eigen. Zudem gilt sie als gut vernetzte, geschickte Verhandlerin. Vor ihrer Laufbahn beim Weltwährungsfonds hatte sie sich als Anwältin einen Namen gemacht: Von 1999 bis 2004 leitete sie die US-Kanzlei Baker & McKenzie. In die Politik kam sie 2007, als der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy die gelernte Juristin, Ökonomin und Amerikanistin zur Wirtschafts- und Finanzministerin machte.

Schon seit Jahren aber hat die zweifache Mutter Probleme mit der französischen Justiz. Nun muss sie tatsächlich vor den Gerichtshof der Republik.

Unterdessen hat der Internationale Währungsfonds in Washington seiner Vorsitzenden das Vertrauen ausgesprochen. Das Exekutivdirektorium sei über den Vorgang unterrichtet worden, sagte IWF-Sprecher GHerry Rice am Freitag. Man vertraue weiterhin auf ihre Fähigkeit, ihre Arbeit auszuführen.

ul/wen (dpa, rrtr, afp)