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Italien ist das Sorgenkind der Euro-Gruppe

6. Juni 2005

Das Treffen der Euro-Gruppe am Montagabend (6.6.2005) stand ganz im Zeichen der EU-Verfassungskrise. Sorgen bereiten den Finanzministern der Euroländer aber auch populistische Töne aus Rom und die Haushaltslage Italiens.

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Der Euro im Abwärtsstrudel?

Im Vorfeld der turnusmäßigen Beratungen der Finanzminister der Euro-Gruppe am Montagabend (6.6.2005) in Luxemburg sind in Italien erneut Rufe nach einer Rückkehr zur Lira laut geworden. Der italienische Reformminister Roberto Calderoli von der euroskeptischen Liga Nord sagte der Zeitung "La Republica", die neue Lira - "mit einem großen L" - solle an den Dollar gebunden werden. Bereits am Freitag (3.6.2005) hatte sich der italienische Wohlfahrtsminister und Liga-Nord-Mitglied Roberto Maroni für einen Austritt aus der Wirtschafts- und Währungsunion ausgesprochen.

Die Forderung nach einer Aufgabe des Euro ist für die Finanzminister aus der Eurozone ein Ärgernis. Er habe nicht die Absicht, über "dumme Sachen" zu diskutieren, sagte der Präsident der Eurogruppe, Luxemburgs Ministerpräsident und Finanzminister Jean-Claude Juncker, am Montagabend in Luxemburg. Wer über diese Art von Dummheiten reden wolle, müsse eine Sitzung nach der anderen ansetzen. Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel sah vor der Eurogruppe keinerlei Anlass auf die in Italien angeschobene Diskussion einzugehen:

Defizitverfahren gegen Italien geplant

JAHRESRÜCKBLICK 2003 JULI EU PRAESIDENTSCHAFT ITALIEN
Ohren zu halten bringt nichts: Berlusconis Kabinettsmitglieder greifen den Euro anBild: AP

Dennoch bleibt Italien derzeit das Sorgenkind der Euro-Länder. Nach jüngsten Berechnungen der EU-Statistikbehörde Eurostat hat das Land 2003 und 2004 gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen. Die EU-Kommission wird deshalb bei ihrer Sitzung am Dienstag die Einleitung eines Defizitverfahrens gegen Italien empfehlen. Die Finanzminister müssen dies anschließend noch bestätigen, was allerdings frühestens bei deren kommender Sitzung am 12. Juli 2005 geschehen könnte.

Diplomaten rechen aber damit, dass das Thema bereits beim Treffen der Euro-Gruppe am Montag sowie beim Zusammenkommen der Finanzminister aller EU-Länder (ECOFIN) am Dienstag zur Sprache kommen wird. Die Regierung in Rom hatte bereits signalisiert, sich nicht mit einem Defizitverfahren abfinden zu wollen. Da der Euro-Stabilitätspakt im März 2005 reformiert wurde, könnte Italien besondere Umstände geltend machen, um das Defizit zu erklären.

Euro im Stimmungstief

Wechselstube mit Dollar und Euro Geldscheine
Der Wechselkurs Euro zu Dollar leidet unter EU-VerfassungskriseBild: AP

Die populistischen Töne aus Rom, die verfahrene Haushaltslage Italiens, aber auch anderer Euro-Länder, und nicht zuletzt die gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden über die EU-Verfassung haben die bislang erfolgreiche Gemeinschaftswährung unter Druck gesetzt. Am Tag nach dem "Nee" der Niederländer, am 2. Juni 2005, sank der Euro auf einen Wert von 1,2175 US-Dollar. Am Montag konnte sich der Euro auf einen Referenzkurs von 1,2272 US-Dollar leicht verbessern.

Obwohl die politischen Unsicherheiten und die schwachen Wirtschaftsaussichten der EU eigentlich gegen den Euro sprechen, äußerten sich Analysten vereinzelt optimistisch: "Für den Euro haben wir die Hoffnung, dass er sein Stimmungstief erreicht hat", sagten Analysten der HelabaTrust.

ECOFIN tagt zur Entwicklungshilfe

Nachdem die Euro-Gruppe am Montagabend vor allem solche eurospezifischen Probleme wälzen wird, soll beim Treffen der Finanzminister aller EU-Länder (ECOFIN) am Dienstag auch die Entwicklungspolitik im Mittelpunkt der Beratungen stehen. Im Kreise aller 25 EU-Ressortchefs geht es dann unter anderem um die Frage alternativer Einnahmequellen zur Finanzierung einer höheren Entwicklungshilfe. Als Möglichkeit dafür haben die Minister eine Abgabe auf Flugtickets erwogen. Die genaue Ausgestaltung ist aber noch umstritten. (ana/stl)