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"Mehr investieren und dann gemeinsam bremsen"

Andreas Ziemons20. März 2009

Beim EU-Gipfel war es eines der Topthemen: Das Vorgehen der Union gegen die Wirtschaftskrise. Darüber spricht "Fokus Europa" mit dem Europaabgeordneten Udo Bullmann.

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(Europäisches Parlament)
MdEP Udo BullmannBild: Foto: Europäisches Parlament

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs haben sich bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag (19.03.2009) in Brüssel nach langem Streit auf ein gemeinsam finanziertes Konjunkturprogramm der EU-Kommission geeinigt: Fünf Milliarden Euro werden demnach für Energienetze und den Ausbau von breitbandigen Internetzugängen bereit gestellt. Sie sollen aus dem laufenden Haushalt der EU und nach strengen Kriterien finanziert werden. Die Staats- und Regierungschefs waren sich jedoch schon bei Beginn des Wirtschaftsgipfel einig: Weitere Konjunkturprogramme der nationalen Regierungen wird es vorerst nicht geben.

Fokus Europa: Herr Bullmann, Barack Obama hat Europa bereits aufgefordert, mehr zu tun. Hat Europa Ihrer Meinung nach genug investiert?

Udo Bullmann: Ich glaube, dass wir uns zwar in die richtige Richtung bewegen, aber ich denke - wenn ich in die Fußballersprache gehen darf - wir gehen zu zaghaft zum Ball und drohen ihn deshalb irgendwo im Mittelfeld zu verlieren, bevor man ihn richtig aufs Tor geschossen hätte.

Was muss denn passieren, um richtig Fußball zu spielen?

Wir dürfen zwei Sachen nicht voneinander trennen: einen sauberen Finanzmarkt aufzustellen und gleichzeitig finanzielle Impulse zu geben. Beides muss gemacht werden. Aber bei den Finanzmärkten sind wir noch nicht durch. Da sind wir jetzt in der konkreten Gesetzgebung und stoßen auf erheblichen Widerstand, beispielsweise bei der Bankenrichtlinie.

Worum geht es da konkret?

Da geht es um die Frage, wie wir Banken anhalten können, genug Risiko vorzunehmen, genug Selbstbehalt vorzunehmen, genug Eigenkapital vorzunehmen, wenn sie riskante Geschäfte tätigen. Da haben wir keine einheitliche Meinung zwischen Sozialdemokraten auf der einen und Konservativen und Liberalen auf der anderen Seite. Wir wollen saubere Regulation, die anderen sind sehr vorsichtig und verwässern sogar noch die Vorschläge der Kommission. Also es herrscht noch längst nicht das Bewusstsein: Wir brauchen klare und neue, saubere Regeln für den Finanzmarkt. Das ist das Eine. Und zum anderen glauben wir, dass wir noch mehr fiskalische Impulse setzen müssen, damit wir die Krise kürzer und auch flacher machen, als sie zu werden droht.

Wie viel müsste mehr investiert werden und vor allem von wem? Einige Staaten haben ja mehr investiert, als andere: zum Beispiel hat Italien noch kein Konjunkturprogramm aufgelegt?

Das ist ein Teil des Problems im Moment. Deutschland hat ganz gut Geld in die Hand genommen. Der deutsche fiskalische Effekt kommt dem am nächsten, was wir benötigen. Aber es gibt Länder, die sich noch nicht beteiligt haben. Manche können es kaum. Es ist schwierig entlang ihrer Haushaltslage. Deswegen müssen wir in Europa zu neuen Regeln finden. Es macht im Moment keinen Sinn, den Stabilitäts- und Wachstumspakt immer wieder hochzuhalten. Wir müssen allen Staaten, die Möglichkeit geben, mehr zu investieren und dann, wenn die Konjunktur wieder anspringt, gemeinsam bremsen.

Hören Sie das Interview mit Udo Bullmann in voller Länge (Link am Ende der Seite).


Das Interview wurde geführt von Manfred Götzke.
Redaktion: Sandra Voglreiter