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Israel weist alle Forderungen nach Waffenstillstand zurück

6. Januar 2009

Trotz der desolaten humanitären Lage im Gazastreifen setzt Israel seine Bodenoffensive gegen die Hamas mit unverminderter Härte fort. Vermittlungsbemühungen und Aufrufe zu einer Waffenruhe laufen ins Leere.

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Israelischer Panzer (Quelle: AP)
Die Bodenoffensive im Gazastreifen geht weiterBild: AP

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert schloss am Montagabend (05.01.2009) einen Waffenstillstand erneut aus, solange die palästinensischen Raketenangriffe auf israelisches Gebiet nicht endgültig gestoppt werden. Die radikalislamische Hamas müsse nicht nur aufhören Raketen abzufeuern, sondern dürfe dazu auch gar nicht mehr in der Lage sein, sagte Olmert bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Israel könne keinen Kompromiss akzeptieren, der es der Hamas ermögliche, "in zwei Monaten wieder auf israelische Städte zu schießen".

Kämpfe gehen unvermindert weiter

Israel setzte derweil seine Militäroperationen fort. Mit unverminderter Härte griff die Armee an - aus der Luft, von See und - inzwischen den dritten Tag in Folge - auch am Boden. Mindestens 100 Palästinenser wurden dabei nach Medienberichten allein am Montag getötet. Die Zahl der Todesopfer der seit zehn Tagen andauernden Militäroffensive stieg damit auf rund 550. Nach Informationen der Zeitung "Jerusalem Post" rückte die Armee erstmals in dicht besiedelte Wohngebiete nördlich von Gaza vor.In der Nacht zum Dienstag nahmen die Kämpfe noch zu. Am frühen Morgen rückten israelische Panzer mit Unterstützung durch Kampfhubschrauber nach Chan Junis ein, die größte Stadt des südlichen Gazastreifens. Nach Angaben eines israelischen Militärsprechers wurden mehrere Palästinenser während des Armeeeinsatzes festgenommen. Einige von ihnen seien zur weiteren Befragung nach Israel gebracht worden.

Rauchwolke über Stadt im Gazastreifen nach israelischem Angriff (Quelle: AP)
Israel will die Hamas vernichtenBild: AP

Im Norden des Gazastreifens wurden nach israelischen Medienberichten drei Soldaten einer Eliteeinheit getötet und mindestens 20 verletzt, einer davon lebensgefährlich. Die drei Getöteten kamen nach Armeeangaben durch "Friendly Fire", also den Beschuss eigener Truppen, ums Leben. Ein Panzergeschoss habe bei dem Einsatz versehentlich ein Gebäude getroffen, in dem sich die Soldaten aufhielten, sagte ein Sprecher.

Livni sprach mit EU-Delegation

Israels Ministerpräsident Olmert und Außenministerin Livni (Foto: AP)
Wollen keine Waffenruhe: Israels Ministerpräsident Olmert und Außenministerin LivniBild: AP

Israels Regierung ließ sich unterdessen nicht auf Forderungen der Europäischen Union nach einer Waffenruhe ein. Außenministerin Zipi Livni betonte nach einem Gespräch mit einer EU-Delegation, die Hamas habe Israel vor der Offensive mit Raketen angegriffen, wann immer sie wollte. Dies habe so nicht weitergehen können. "Wenn Israel angegriffen wird, wird Israel zurückschlagen", sagte sie.

Zu der Delegation gehörten der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg, sein französischer Kollege Bernard Kouchner, EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, EU-Chefdiplomat Javier Solana sowie der schwedische Außenminister Carl Bildt.

Zuvor hatte die EU-Troika in Ägypten Chancen für eine Friedenslösung ausgelotet. Schwarzenberg forderte eine Öffnung der Grenzen nach Gaza. "Es ist unerträglich, dass alle Grenzübergänge nach Gaza geschlossen sind", sagte er. Nach der Troika empfing der ägyptische Präsident Hosni Mubarak im Badeort Scharm el Scheich auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

Sarkozy fordert humanitäre Hilfe

Sarkozy mit Palästinenserpräsident Abbas (Quelle: dpa)
Sarkozy mit Palästinenserpräsident AbbasBild: picture-alliance / dpa/DW

Sarkozy, der sich ebenfalls zu einer Vermittlungsmission in der Region aufhält, rief am Montagabend erneut zu einer raschen Waffenruhe auf. "Die Gewalt muss aufhören, und die humanitäre Hilfe sollte erleichtert werden. Wir können nicht verstehen, wie eine Demokratie wie Israel erlauben kann, dass die humanitäre Situation in Gaza immer schlechter wird", sagte Sarkozy nach Gesprächen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah.

Hilfsorganisationen schlugen am Montag Alarm, weil es vielen den 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen an existentiellen Grundlagen mangelt. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten, Strom und Wasser sei in weiten Teilen nicht mehr gewährleistet, teilte das Rote Kreuz mit.

Sarkozy machte die Hamas für das Leiden der Palästinenser im Gazastreifen verantwortlich. Die Hamas habe unverantwortlich und unverzeihlich gehandelt, als sie am 19. Dezember die Waffenruhe beendet und wieder mit den Raketenangriffen auf Israel begonnen habe, sagte er.

Arabische Staaten drängen auf UN-Resolution

Der Weltsicherheitsrat will am Dienstag bei einem Ministertreffen über Forderungen arabischer Staaten nach einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen beraten. Die arabischen Länder drängen auf eine Resolution des höchsten UN-Gremiums, um die "traumatische Situation" der palästinensischen Bevölkerung so rasch wie möglich zu beenden. Zu den Verhandlungen in New York werden auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sowie die Außenminister Frankreichs und Großbritanniens, Bernard Kouchner und David Miliband, erwartet.

"Uns geht es um die betroffenen Zivilisten, nicht um das Problem Israel oder Hamas", sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, in New York. Dort waren Spitzenvertreter der Organisation, unter ihnen mehrere Außenminister, am Montag zur Ausarbeitung eines arabischen Resolutionsentwurfs zusammengetroffen.

Der Entwurf enthält laut Mussa Forderungen nach einer sofortigen Waffenruhe, dem Rückzug des israelischen Militärs, der Öffnung der Grenzübergänge, humanitärer und medizinischer Hilfe für die Bevölkerung sowie einem internationalen Überwachungssystem. Laut UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dürften diese Elemente vom Sicherheitsrat als "Grundlage" für seine Beratungen über eine Gaza-Resolution aufgegriffen werden.

Mehrere Diplomaten äußerten sich anerkennend zu der arabischen Initiative, unter ihnen auch der amerikanische UN-Botschafter Zalmay Khalilzad. Die USA hatten noch vor wenigen Tagen eine Erklärung des Weltsicherheitsrats blockiert. (gri)