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Folgen eines brisanten Ölabkommens

Shabnam von Hein10. August 2016

Ein Schweizer Gericht hat entschieden: Israel muss dem Iran 1,2 Milliarden US-Dollar Entschädigungen zahlen. Der Rechtsstreit zwischen beiden Ländern geht zurück auf ein Ölabkommen aus der Schah-Zeit.

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Benjamin Netanjahu (Foto: picture-alliance/dpa/A. Sultan )
Israels Präsident Benjamin Netanjahu hätte den Streit gerne außergerichtlich beendetBild: picture-alliance/dpa/A. Sultan

Iran und Israel waren in den 1960er Jahren bestens befreundet. Und so hatte das israelische Ölunternehmen Trans-Asiatic Oil Ltd (TAO) seit 1968 ein Joint Venture mit dem Iran für den Bau und Betrieb einer Pipeline. Die verbindet Eilat am Roten Meer mit der Hafenstadt Ashkelon am Mittelmeer. Iranisches Öl wurde in Eilat angelandet, per Pipeline ans Mittelmeer befördert und von dort auf die Märkte in Europa gebracht– unter Umgehung des Suezkanals.

Nach der islamischen Revolution 1979 und dem Sturz des Schahs Mohammad Reza Pahlawi beendeten die revolutionären Machthaber im Iran jede Zusammenarbeit mit Israel. Bis heute weigern sie sich, die Existenz des Staates Israel anzuerkennen. Israel wiederum verstaatlichte das Ölunternehmen und nahm die Pipeline praktisch in Besitz. Außerdem behielt Israel bereits vom Iran geliefertes Öl ohne es zu bezahlen ein und verkaufte es.

Das Schweizer Gericht bewertete das als rechtswidrig. Deshalb wurde die israelische Firma bereits 1989 zu einer Kompensationszahlung von 500 Millionen US-Dollar verurteil. Israel weigerte sich zu zahlen. Seither dauert der Rechtsstreit an. Im Lauf der Jahre sammelten sich Verzugszinsen und Anwaltskosten an.

"Benjamin Netanjahu hätte am liebsten 1996 vor seinem Amtsantritt diesen Rechtstreit beendet. Er war sogar interessiert daran, das Verhältnis zu Iran zu verbessern", sagt er im Iran geborene israelische Journalist Meir Javedanfar im DW-Gespräch. "Aber die Machthaber im Iran wollten nicht direkt mit Israel verhandeln, sie waren schon vor Gericht gezogen."

Pipeline am Roten Meer (Foto: CC by Chaver83)
Die Pipeline verbindet Eilat am Roten Meer mit der Hafenstadt Ashkelon am MittelmeerBild: CC by Chaver83

Im Mai 2015 gab ein Schweizer Gericht dem Iran in der Sache erneut Recht und verurteilte das israelische Ölunternehmen "Trans-Asiatic Oil" zur einer Entschädigungssumme in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar. Israel ging in die Revision.

Ende Juni 2016 bestätigte das Oberste Schweizer Bundesgericht in Lausanne das Urteil und korrigierte die Summer sogar nach oben. Demnach muss Israel dem Iran jetzt 1,2 Milliarden Entschädigungen zahlen.

Geheimniskrämerei und Zensur

Vom langwierigen und zähen Rechtstreit zwischen dem Iran und Israel hat die Öffentlichkeit kaum etwas mitbekommen. Im Iran berichten die Medien nur sehr sporadisch darüber. Israel ist im Iran ein Tabuthema. In Israel dagegen berichtet unter anderem die Zeitung Haaretz über den Prozess. Sie kritisierte allerdings im Mai 2015, dass jede Information über die Pipeline oder ihre Finanzierung zensiert würde.

"Die Tatsache, dass die israelische Regierung die Akten nicht frei gibt und kein Interesse an einer Berichterstattung darüber hat, lässt vermuten, dass hinter den Kulissen etwas abläuft. Vielleicht verhandeln sie mit dem Iran und wollen nicht, dass wir etwas wissen", vermutet der Journalist Javedanfar, der den Rechtsstreit zwischen Iran und Israel seit Jahren verfolgt.

Zusammenarbeit zwischen Feinden

Obwohl der Iran und Israel offiziell keinen Kontakt miteinander haben, gab es dennoch Zeiten einer geheimen Zusammenarbeit: Während des Irak–Iran Krieges in den 1980er Jahren stand Israel auf der Seite Irans.

Israel sah im Regime Saddam Husseins im Irak die größere Bedrohung und belieferte den Iran mit Waffen. Einer Untersuchung des Instituts für Studien zur Nationalen Sicherheit in Tel Aviv zufolge lieferte Israel allein in den ersten drei Kriegsjahren Waffen im Wert von 500 Millionen US-Dollar an den Iran.

"Der Iran brauchte diese Unterstützung. Sogar zu Lebzeiten des Gründers der islamischen Republik, Ayatollah Khomeini, hat Iran Israels Hilfe angenommen", erläutert Hushang Hassan Yari, Politikwissenschaftler am Royal Military College in Kanada. Der Experte sieht aber kaum Chancen für eine Einigung zwischen Israel und Iran in dem Pipeline-Rechtstreit, auch nicht im Geheimen.

"Die Iraner haben diesen Rechtstreit in mehreren Instanzen gewonnen. Das Urteil ist zwar nicht verbindlich, kann aber auf internationaler Ebene dem Image Israels schaden", analysiert Yari.

Für Meir Javedanfar hat der Rechtstreit immerhin ein Gutes. Er zeige, dass beide Länder ihre Probleme auf zivilisierte Art behandeln können. "Fakt ist, dass sich viele Menschen in Israel ein Ende der Feindschaft mit dem Iran wünschen", betont der Herausgeber des Blogs "The Iran-Israel Observer" in Tel Aviv.

Javedanfar sagt aber auch: "Für Israel geht es hier nicht ums Geld. Laut Medien-Berichten soll die Entschädigungssumme sogar bereits auf einem Extra-Konto angelegt sein. Aber Netanjahu kann diese Summe nicht an ein Land überweisen, das vor kurzem noch einen Holocaust Wettbewerb veranstaltet hat."