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Isolierte Indigene in Gefahr

Greta Hamann5. August 2014

Menschen, die komplett isoliert in der Natur leben. Es gibt sie noch. Doch ihre Zahl sinkt. Sie werden bedroht von Krankheiten und der Zerstörung des Regenwalds. Jetzt hat eine Gruppe in Brasilien Hilfe gesucht.

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Drei indigene Männer beim ersten Kontakt am Flussufer. (Foto: Funai)
Bild: picture-alliance/dpa

Ungewöhnliche Szenen spielen sich dieser Tage in den Tiefen des brasilianischen Regenwaldes an der Grenze des nordwestlichen Bundesstaates Acre zu Peru ab. Indigene Amazonasbewohner, die zuvor noch nie von offizieller Stelle gesehen wurden, suchten von sich aus den Kontakt zu einer Gruppe ansässiger Indigener, unter ihnen auch Mitarbeiter der brasilianischen Indianerbehörde Funai (Fundacao Nacional do Indio). Diese filmten das Aufeinandertreffen und stellten das komplette Video ins Internet.

Die Situation ist bemerkenswert, da unkontaktierte Indigene normalerweise nicht von sich aus auf andere Menschen zugehen. Die meisten von ihnen sind "Weißen", wie sie die Nicht-Indigenen nennen, eher feindlich gesinnt. Der Grund für ihre Scheu: Sie haben oft bereits zahlreiche negative Erfahrungen gemacht. Illegale Holzfäller oder Drogenproduzenten töten teilweise ganze Stämme - oft vollkommen unbemerkt. Eine andere Gefahr, die von der Zivilisation ausgeht, sind Krankheiten wie Grippe oder Masern, die sich nach einem Kontakt in Windeseile auf den ganzen Stamm ausbreiten können. Das Immunsystem der Indigenen ist gegen diese Krankheiten meistens nicht gewappnet.

Der "Amazonasblog" des Nachrichtendienstes "Terra" berichtet nun, dass drei junge Männer sich dem Dorf der Ashaninka-Indianer im peruanisch-brasilianischen Grenzgebiet genähert haben. Später seien zwei weitere Männer und zwei Frauen dazu gekommen. Ihr Alter schätzt die brasilianische Indianerbehörde Funai auf zwölf bis 21 Jahre. Dieser erste Kontakt wurde bereits Ende Juni hergestellt, erst einen Monat später veröffentlichte die Funai das Video. Zunächst war die Kommunikation schwierig. Doch ein Mitarbeiter der Funai, der eine verwandte Sprache spricht, konnte sich mit den Männern verständigen.

Indigene berichten von Massaker

Wie die Funai auf Anfrage der DW bestätigt, sollen die Indigenen von einem Massaker berichtet haben. "Sie sagten, dass sie Opfer von Gewalttaten wurden. Diese sollen auf peruanischem Staatsgebiet verübt worden sein", heißt es in der Erklärung. Wahrscheinlich sind die Indigenen auf brasilianisches Staatsgebiet geflüchtet, um sich vor illegalen Holzfällern im peruanischen Amazonas zu retten.

Karte Brasilien Acre (Foto: DW)
Der nordwestliche Bundesstaat Acre liegt an der Grenze zu PeruBild: DW

Diese Nachrichten erregen große Besorgnis. Die Nichtregierungsorganisation Survival International, die sich für den Schutz Indigener einsetzt, fordert deswegenin einer Eilaktion konkrete Maßnahmen von der brasilianischen und der peruanischen Regierung. "Unkontaktierte Indigene gehören zu den verletzlichsten Menschen der Welt. Sie sind für ihr Überleben vollständig von ihrem Land abhängig", schreibt Survival International in seiner Erklärung. Linda Poppe, Koordinatorin von Survival International in Deutschland ergänzt: "Wenn wir nicht ihre Menschenrechte schützen, dann tut es keiner. Dann würden diese Menschen still und unbemerkt sterben."

Kein Kontakt ist das Beste für Indigene

Die Indianerschutzbehörde der brasilianischen Regierung, Funai, ist bereits in Alarmbereitschaft. So soll ein Wachposten in der Nähe des Kontaktortes wieder besetzt werden. Er war zuvor verlassen worden, da illegale Drogenhändler die Indianerschützer bedroht hatten. "Unsere Schutzstrategie steht allerdings stets unter der Prämisse, möglichst keinen Kontakt aufzunehmen. Die isolierten Indigenen können stets von sich aus auf uns zukommen. Das obliegt allerdings ihrer eigenen Entscheidung“, so die Funai gegenüber der DW.

Die Indigenen am Flussufer (Foto: Funai)
Drei Tage in Folge tauchten die Indigenen in dem Ashakinka-Dorf aufBild: Reuters

Weltweit gibt es nach Angaben von Survival International um die 100 unktonaktierte Völker. "Wie viele Personen es wirklich sind, wissen wir nicht genau", sagt Linda Poppe. Die höchste Konzentration unkontaktierter Indigener ist allerdings im Amazonasgebiet. Um die 70 Völker wurden dort bereits registriert. Oft werden die Behörden bei Überflügen auf diese aufmerksam oder sie finden Überbleibsel ihrer Häuser oder Waffen.

Doch der kontinuierlich schrumpfende Regenwald ist eine weitere große Bedrohung für die Völker. Auch andere Indigene, die bereits seit Langem im Kontakt mit der Zivilisation stehen, berichten immer wieder von Angriffen illegaler Holzfäller. Das Gebiet, auf dem Indigene sich frei bewegen können, schwindet und somit auch die Überlebenschancen ganzer indigener Völker.