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Politik

Maulwurf M. - das rätselhafte Wesen

1. Dezember 2016

Der beim Verfassungsschutz aufgeflogene mutmaßliche Islamist M. hat die Vorwürfe gegen ihn weitgehend eingeräumt. Doch es bleibt die große Frage, wie viel Glauben die Ermittler dem 51-Jährigen wirklich schenken können.

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Maulwurf auf Maulwurfshügel (Foto: Imago)
Bild: Imago

Der mutmaßlich islamistische Maulwurf beim Verfassungsschutz hat laut Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" in seiner Vernehmung direkt nach seiner Festnahme die Vorwürfe gegen ihn weitgehend eingeräumt. M. gab auch zu Protokoll, dass er das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gezielt unterwandern wollte, um Glaubensbrüder vor Ermittlungen warnen zu können.

Allah höchstpersönlich soll der Auftraggeber sein 

M. gab zudem an, dass er nach einer "Eingebung" zum Islam konvertiert sei. Er habe dies telefonisch gegenüber einem "Mohamed" aus Österreich getan. Auf die Frage der Vernehmungsbeamten, ob damit der bekannte österreichische Islamist Mohamed Mahmoud, der sich dem IS in Syrien angeschlossen hatte, gemeint sei, wollte M. keine weiteren Angaben machen. Mahmoud hielt sich im Jahr 2014, als M. angeblich konvertierte, zunächst in türkischer Haft und anschließend in Syrien auf.

Auf Nachfrage zu seiner "Eingebung" erklärte der 51-Jährige gegenüber den Ermittlern, dass er nicht verrückt sei. Zudem sagte er aus, Allah habe gewollt, dass er Informationen aus dem BfV an Islamisten verrate und dass er nach "Sham", also Syrien gehe wolle, wenn er freikomme. Im weiteren Verlauf der Vernehmung erklärte er, er habe "seinen Brüdern" helfen wollen, es gebe einen großen Plan zur Unterwanderung des BfV. M. erklärte, er sei nur ein Teil eines Räderwerks, Allah habe sich den Plan ausgedacht: "Ihr habt mich jetzt, aber der Plan geht weiter."

Wie vernetzt ist M. wirklich? 

Doch hat M. wirklich "Brüder"? Gegen den mutmaßlichen Islamisten ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der versuchten Verletzung von Dienstgeheimnissen und der erklärten Bereitschaft zur Begehung einer Straftat. Wenn die Staatsschützer davon ausgingen, dass M. mit gefährlichen Verschwörern vernetzt ist, dann hätte der Generalbundesanwalt in Karlsruhe die Ermittlungen an sich gezogen. Die Bundesanwälte haben die Akten zwar gesichtet, doch war ihnen die Beweislage zu dünn. Das Strafverfahren bleibt bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf; diese erklärt aber, der Fall könne doch nach Karlsruhe wandern, wenn sich neue Beweise auf den Datenträgern finden sollten, die bei M. sichergestellt wurden.

Auch die Frage, wie gläubig und wie glaubwürdig M. wirklich ist, ist den Ermittlungsbehörden noch unklar. So hat er Frauen, etwa eine Ermittlerin und eine Richterin, offenkundig ignoriert, was als Hinweis auf seine salafistische Gesinnung gewertet wird. Andererseits wurde der von ihm genutzte Chatname auch auf Webseiten mit Gay-Pornos verwendet, was mit einer strengen Auslegung des Islam nicht vereinbar ist - jedoch bleibt bislang unklar, ob es tatsächlich M. war, der diese Pornoseiten besucht hat. Die "Bild"-Zeitung berichtete unter Berufung auf Ermittler, dass er auch ein Tattoo-Studio betrieben habe.

Debatte über Verschärfung von Sicherheitsüberprüfung 

CDU-Politiker Patrick Sensburg (Foto: picture-alliance/dpa/M. Kappeler)
Der CDU-Politiker Patrick SensburgBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Unterdessen wird in der Politik die Forderung laut, die Mitarbeiter aller Sicherheitsbehörden häufiger zu überprüfen. Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags, der CDU-Politiker Patrick Sensburg, sagte dem "Handelsblatt", die Radikalisierungsphasen seien kürzer geworden. Daraus müssten für alle Sicherheitsbehörden Konsequenzen gezogen werden - für den Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst (BND) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) ebenso wie für das Bundeskriminalamt (BKA) und die Polizei. "Künftig sollte ein Sicherheitscheck nicht nach mehreren Jahren, sondern künftig einmal im Jahr stattfinden", riet Sensburg.

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, forderte eine Reform der Überprüfungen. "Die Sicherheitsüberprüfungen müssen dringend auf den Prüfstand gestellt werden, da sie momentan zu schematisch angelegt zu sein scheinen. Ansonsten drohen uns Sicherheitslücken in hochsensiblen Bereichen", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Zurückhaltender äußerte sich Lischkas Fraktionskollege Uli Grötsch. "Leider lassen sich diese Fälle wie aktuell der mutmaßliche Islamist in den Reihen des Verfassungsschutzes nie ganz ausschließen: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nirgendwo, auch nicht in den Sicherheitsbehörden", sagte der SPD-Mann der Funke-Mediengruppe. Er kritisierte, dass der Verfassungsschutz das Parlament nicht von sich aus informiert habe.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), widersprach vorschnellen Reformforderungen. "Die Sicherheitsprüfungen sind nicht zu lasch oder unzureichend", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Mögliche Versäumnisse seien zu prüfen, eine Totalrevision aller Sicherheitssysteme wäre jedoch übertrieben. Der Fall sei eine absolute Ausnahme.

sti/stu (tagesschau.de, Süddeutsche.de, dpa, afp)