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Ausnahmen für Irland

20. Juni 2009

Der EU-Gipfel in Brüssel gesteht Irland spezielle Klauseln zum Lissabon-Vertrag zu. So sollen die irischen Wähler überzeugt werden, die im Oktober erneut über den bereits einmal abgelehnten Vertrag abstimmen.

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Werbung für ein "Ja" zu Europa auf einem irischen Bus 10.06.2008/EPA/AIDAN CRAWLEY/dpa)
In Irland könnte die Stimmung umschlagen - zugunsten der EUBild: picture-alliance/ dpa

Die Iren dürfen ihr Abtreibungsverbot, ihre militärische Neutralität und ihre eigene Steuerpolitik behalten, auch wenn sie dem neuen EU-Grundlagenvertrag zustimmen. Das wird Irland in zusätzlichen Protokollen zum Vertrag von Lissabon zugesichert, die jedoch nicht Bestandteil des Vertrages werden. Der Lissabon-Vertrag muss nicht noch einmal aufgeschnürt werden. Die Ratifizierung der Protokolle in den EU-Staaten soll vielmehr als Beiwerk zur Ratifizierung des EU-Beitrittsvertrages mit Kroatien durchgewinkt werden. Das ist der Beschluss, den die 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel fassten, um ein zweites Referendum in Irland über den EU-Vertrag von Lissabon im Herbst zu ermöglichen. Laut dem irischen Ministerpräsidente Brian Cowen soll die Abstimmung Anfang Oktober stattfinden.

Irische Wähler sollen beruhigt werden

Tschechiens Präsident Vaclav KLaus (09.12.2008/EPA/VASSIL DONEV/dpa)
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus will erst abwarten, ob die anderen auch unterschreibenBild: picture-alliance/ dpa

Die Garantien sind inhaltlich völlig unstrittig, denn die genannten Punkte hätte der Vertrag von Lissabon sowieso nicht angetastet. Die irische Regierung wollte aber ihren Wählern vorführen, dass sie dem Rest der EU-Staaten Zugeständnisse abgetrotzt hat. So soll das Referendum psychologisch vorbereitet werden. Vor einem Jahr hatten die Iren den Vertrag von Lissabon mehrheitlich abgelehnt.

EU-Juristen hatten den komplizierten Weg ausgearbeitet, um allen Seiten gerecht zu werden. Der britische Premierminister Gordon Brown allerdings hatte seinen Widerstand gegen das jetzt beschlossene Verfahren erst nach langen Verhandlungen am Freitag (19.06.2009) aufgegeben. Die irische Regierung soll nun möglichst schnell noch einmal abstimmen lassen. Meinungsumfragen zeigen, dass die Iren der EU angesichts der Wirtschaftkrise im Moment positiver gegenüberstehen als noch im letzten Jahr. Der Vertrag von Lissabon könnte so zum Jahresende in Kraft treten.

Noch fehlen die Unterschriften unter die Ratifizierungsurkunden der europaskeptischen Präsidenten aus Polen und Tschechien. Die wollen das zweite irische Votum abwarten. Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler will unterschreiben, sobald das Bundesverfassungsgericht am 30. Juni 2009 über entsprechende Klagen entschieden hat.

Finanzmarktaufsicht von Briten abgeschwächt

Bundeskanzlerin Angela Merkel (19.06.2009/AP Photo/Thierry Charlier)
Bundeskanzlerin Merkel unterstützt beim EU-Gipfel irische SonderwünscheBild: AP

Großbritannien erreichte Zugeständnisse bei der Neuregelung der Finanzmarktaufsicht in Europa. Die Kompetenzen der neuen Regulierungsbehörden für Banken, Versicherer und Geldmärkte werden nicht so groß ausfallen wie ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagen. Es wird zwei neue Gremien geben: Das Europäische System für die Finanzaufsicht und den Europäischen Rat für Systemrisiken. Die Regulierungsbehörde kann den EU-Staaten zum Beispiel nicht vorschreiben, bestimmte Banken zu retten. Die EU-Mitgliedsstaaten bleiben in weiten Teilen für die Aufsicht selbst verantwortlich, was Großbritannien sehr wichtig war. Die Entscheidung darüber, welche Rolle die Europäische Zentralbank in dem Gremium für die Risikobewertung spielen soll, wurde verschoben. Großbritannien, das die Gemeinschaftswährung Euro nicht hat, will die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) möglichst klein halten. Die EZB bestimmt die Leitzinsen in den Euro-Ländern.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Mareike Röwekamp