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Irische Schuldenkrise spitzt sich zu

30. September 2010

Ende Dezember wird Irland so viele Schulden haben, wie das Land in einem ganzen Jahr an Werten erwirtschaftet. Damit rechnet die Regierung in Dublin - dennoch sieht sie sich nicht auf den EU-Rettungsschirm angewiesen.

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Filiale der Anglo Irish Bank (Foto: dpa)
Braucht staatliche Hilfe: Die Anglo Irish BankBild: Picture alliance/dpa

"Wir sind bereit und stehen zur Verfügung, wenn es nötig ist." Mit diesen Worten versucht Klaus Regling Befürchtungen vor einem Staatsbankrott Irlands zu zerstreuen. Der Chef des Euro-Krisenfonds nahm am Donnerstag (30.09.2010) an einer Sitzung der Euro-Finanzminister in Brüssel teil. Vor der Presse erklärte Regling, er rechne nicht damit, dass Irland den 750-Milliarden-Rettungsschirm beanspruchen müsse. Dieser war von den EU-Staaten im Mai aufgespannt worden, um klamme Euro-Länder notfalls mit Krediten zu versorgen.

Irlands Schulden steigen auf 160 Milliarden Euro

Gruppenfoto der EU-Finanzminister (Foto: dpa)
Viele von ihnen verwalten hohe Schulden: die EU-FinanzministerBild: Picture alliance/dpa

In der irischen Hauptstadt Dublin musste die Regierung ihren Bürgern die schlechte Nachricht vermitteln, dass die Neuverschuldung 2010 auf die Rekordmarke von fast einem Drittel der Wirtschaftsleistung steigen werde. Nach Angaben von Finanzminister Brian Lenihan wird das Gesamtdefizit des Euro-Landes Ende Dezember etwa 160 Milliarden Euro betragen – so viel, wie die Iren in einem ganzen Jahr erwirtschaften.

Der Grund für die Zuspitzung der Schuldenkrise: Irland muss weitere Milliarden in sein marodes Bankensystem pumpen. Die Sanierung der Kreditinstitute könnte nach Ansicht von Experten bis zu 50 Milliarden Euro kosten. Besonders die angeschlagene Anglo Irish Bank macht den Iren Sorgen. Allein für dieses Kreditinstitut muss der Staat fast 30 Milliarden Euro aufwenden.

Dublin kündigt neue Sparanstrengungen an

Klaus Regling vor dem Euro-Symbol (Foto: dpa)
Hält sich als Retter bereit: Krisenfonds-Chef Klaus ReglingBild: picture-alliance/dpa

Lenihan versicherte, man benötige von den Finanzmärkten vorerst keine neuen Mittel, und beruhigte dadurch die Märkte. Im Moment muss Irland rund 6,6 Prozent Zinsen zahlen, wenn sich der Staat auf den Märkten Geld leihen will. Zum Vergleich: Ein normaler deutscher Häuslebauer zahlt die Hälfte.

Die Regierung in Dublin will das Haushaltsdefizit bis 2014 durch weitere Sparanstrengungen auf unter drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt drücken. "Ich glaube nicht, dass wir Krankenhäuser oder Schulen schließen müssen", sagt Lenihan wenig verheißungsvoll. Seine Hoffnung ruht unter anderem darauf, dass nicht allzu viele von den faulen Krediten, die der Staat den Banken abkaufen musste, wirklich platzen.

Finanzminister Lenihan bei Pressekonferenz (Foto: dpa)
Will noch stärker sparen: Irlands Finanzminister LenihanBild: picture alliance/dpa

Mit viel Glück könnte die bevorstehende Verstaatlichung der Allied Irish Bank langfristig sogar noch zum Geschäft werden. In zehn Jahren, sagt Lenihan, will er das Gröbste geschafft haben. Dazu sollen auch erneut ausländische Investoren auf die Insel gelockt werden, wie Premierminister Brian Cowen erst vor einigen Tagen bekanntgab. Schon jetzt ist Irland wegen großzügiger Steuergeschenke ein Tummelplatz für die Europazentralen großer US-Unternehmen, etwa aus der Elektronik- oder Pharmabranche.

Auch Portugal kämpft mit seinen Finanzen

Irland ist nicht das einzige Land der Euro-Gruppe, das wegen seiner Verschuldung neue Schlagzeilen macht. Portugal kündigte erst am Mittwoch überraschend neue Maßnahmen zur Budgetsanierung an. Die Regierung in Lissabon sieht offenbar Handlungsbedarf, obwohl sich das Land erst im März ein "Programm für Stabilisierung und Wachstum" auferlegt hatte.

Autor: Christian Fähndrich (dpa, rtr)
Redaktion: Ursula Kissel