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Irgendwo hört der Spaß auf!

Monika Lohmüller18. Mai 2002

Die FDP setzt sich mit dem Vorwurf auseinander, Raum für antisemitische Äußerungen zu geben. Im Mittelpunkt der Kritik steht Partei-Vize Jürgen Möllemann. Ein Kommentar von Monika Lohmüller.

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Die ganze Kraft einer Partei sollte sich in einem Wahljahr darauf konzentrieren, so viele Bürger wie möglich davon zu überzeugen, daß sie über die besten Politik-Rezepte verfügt. Das hatten die Freien Demokraten auch vor. Sie gaben sich, wenngleich auch chancenlos, sogar einen eigenen Kanzlerkandidaten, um damit ihre Unabhängigkeit gegenüber den beiden großen Volksparteien SPD und Union zu demonstrieren.

Doch die notwendige Kraft, die für das selbstgesteckte Ziel, 18-Prozent der Wählerstimmen zu bekommen, notwendig ist, verschwenden die Liberalen derzeit auf einem anderen Feld. Durch antisemitische Äußerungen des von den Grünen zur FDP übergetretenen nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten Jamal Karsli, haben sie den bitteren Zorn vor allem des Zentralrates der Juden in Deutschland auf sich gezogen. Eines Gremiums, dem einmal ein Mitglied der Freien Demokraten vorstand: der verstorbene Ignaz Bubis.

Was ist geschehen: Der syrischstämmige Karsli ist durch seine wiederholten massiven antiisraelischen Äußerungen in die Kritik geraten. Das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser hatte er als "Nazi-Methoden" bezeichnet und den Deutschen eine "verständliche Angst" vor einer weltweiten "zionistischen Lobby" nachgesagt.

Vorausgegangen allerdings waren diverse Stellungnahmen des stellvertretenden Parteichefs und nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Jürgen Möllemann zu den Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Möllemann ist auch Präsident der deutsch-arabischen Gesellschaft. Er löste einen Sturm der Entrüstung aus, als er das militärische Vorgehen Israels kritisierte und mit Blick auf die Lage der Palästinenser sagte: "Ich würde mich auch wehren, und zwar mit Gewalt." Er rechtfertige damit die palästinensischen Selbstmordattentate, wurde ihm vorgeworfen und rücke die gesamte FDP in eine antisemitische Ecke.

Die Liberalen haben auf ihrem Parteitag laut versichert, in ihren Reihen sei kein Platz für Antisemitismus. Umso unverständlicher ist es nun, daß Jamal Karsli in die Partei aufgenommen wurde. Ein Mann wie Karsli, der nach einer Welle der Empörung seine anti-israelischen Äußerungen nun bedauert und sich mißverstanden fühlt, gehört nicht in eine liberale Partei.

Die, die im zuständigen Kreisverband für ihn gestimmt haben, scheinen eher die Mehrheitsverhältnisse im Düsseldorfer Landtag im Blick gehabt zu haben, als den Schaden, den sie damit ihrer Partei zufügen.

Hinter all dem steht Jürgen Möllemann. Kaum war Karsli in die FDP aufgenommen, ließ der Erfinder der 18-Prozent-Strategie wissen, daß Karsli nun der FDP dabei helfen werde, möglichst viele der in Deutschland lebenden Muslime und Juden für die liberale Politik und die FDP zu gewinnen. So viel Dreistigkeit ist einem Jürgen Möllemann, bekannt für seine Eskapaden, zuzutrauen.

Aber wo ist der Parteichef? Mag Guido Westerwelle auch noch so für populistische und medienwirksame Einlagen zu haben sein, das, was da derzeit über die Bühne geht, das ist nicht salonfähig. Westerwelle hat von Anfang an versäumt, sich von den Äußerungen Möllemanns deutlich zu distanzieren.

Hätte er das früh genug und energischer getan, dann hätte er auch mehr Einfluß auf den Parteieintritt von Jamal Karsli gehabt und den Schaden abwenden können, den die FDP davonträgt. Das Politik Spaß machen kann, das wird Westerwelle nicht müde zu erklären. Aber irgendwo hört der Spaß auf!