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Irans Reformer in der außerparlamentarischen Opposition

Peter Philipp, zurzeit Teheran20. Februar 2004

Die Reformer werden die Verlierer der Iran-Wahlen sein. Auch auf ihren wichtigen Verbündeten Staatspräsident Chatami werden sie in Zukunft wohl verzichten müssen, berichtet DW-Korrespondent Peter Philipp aus Teheran.

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Ajatollah Ali Chamenei an der WahlurneBild: AP

Ein unscheinbarer Hauseingang, versperrt durch ein Metallgitter mit einem großen Vorhängeschloss, dahinter eine halboffene Tür. Selbst das Firmenschild ist heruntergerissen. Und so soll schnell in Vergessenheit geraten, dass hier bis Donnerstagfrüh (19.2.2004) die Redaktion der iranischen Reform-Zeitung "Yaseh-Noh" arbeitete. Zusammen mit einer anderen Zeitung wurde sie nur Stunden vor den Parlamentswahlen im Iran am Freitag (20.2.2004) geschlossen - weil sie dem "Obersten Führer" des Landes vorgeworfen hatten, die Unterdrückung freier Wahlen zugelassen zu haben.

"Rede und Antwort" stehen

Morad Vaisi ist Chefredakteur von "Yaseh-Nohn" und Abgeordneter der größten Reformbewegung "Musharekat". Auch deren Hauptquartier ist am Donnerstag geschlossen worden. Und Musharekat-Führer Reza Chatami, immerhin Bruder des Staatspräsidenten Mohammed Chatami, darf nicht kandidieren. Auch Morad Vaisi wird nicht im nächsten Parlament sitzen. Und ob er seine Zeitung wieder herausgeben kann, steht in den Sternen. Jetzt ist er erst einmal vorgeladen, um "Rede und Antwort" zu stehen - wie Vaisi das mit einem Anflug von Ironie bezeichnet.

Offener wird seine Kritik, wenn er auf das Vorgehen des Wächterrates angesprochen wird. Nicht die Verfassung, sondern die Willkür des Wächterrates sei Schuld an den jüngsten Entwicklungen im Land: "Das Problem liegt im Verhalten des Wächterrates, nicht in der Verfassung. Wir glauben, dass es gemäß der Verfassung freie Wahlen geben kann. Aber der Wächterrat sagt, Wahlen müssen in zwei Schritten durchgeführt werden - erst wählt der Wächterrat die Kandidaten und dann darf das Volk unter diesen wählen." Nicht die Trennung von Religion und Staat sei die Lösung, sondern die Trennung der "religiösen von der politischen Verwaltung". "Religion ist doch nicht meine Idee. Auch nicht die des Präsidenten oder des Ajatollahs. Religion ist doch die Idee des Propheten Mohammed", sagt Vaisi.

Hart und nicht gut

Vaisi gibt sich keinen Illusionen hin, dass die Reformer im nächsten Parlament noch eine Rolle spielen könnten. Man werde aber außerhalb des Parlaments weiter arbeiten und besonders die Kontakte zu den Nicht-Regierungsorganisationen intensivieren müssen. Was aber sicher nicht mehr möglich sei, ist eine weitere Zusammenarbeit mit Präsident Chatami, der noch bis zum nächsten Jahr im Amt bleibt und erst die Reformbewegung im Iran unterstützt hatte. Er habe auch die Reformer enttäuscht: "Das Verhalten von Herrn Chatami ähnelt dem der Konservativen. Ich bin sehr betrübt darüber. Herr Chatami hatte 22 Millionen Wähler, aber nach acht Jahren sind wir nicht glücklich mit seinem Verhalten. Die Reformer betrachten die Position von Herrn Chatami heute als sehr hart und nicht gut."