Irans Ex-Vizepräsident Abtahi verurteilt
23. November 2009Mohammed Al Abtahi, ehemaliger iranischer Vizepräsident und hochrangigster Vertreter der Opposition im Massenprozess gegen die Gegner von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, ist am Sonntag (22.11.2009) von der Teheraner Justiz zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Dem früheren Stellvertreter des Reformpräsidenten Mohammed Chatami wird vorgeworfen, nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Juni die Unruhen zum Sturz des Systems geschürt zu haben. Er wurde wegen seiner "Aktionen gegen die nationale Sicherheit sowie Propaganda" schuldig gesprochen, bestätigte ein Justizsprecher.
Einschüchterung Andersdenkender?
Abtahis Anwalt Saleh Nikbacht sagte, sein Mandant werde gegen das Urteil in Berufung gehen. Wie die Nachrichtenagentur ISNA meldete, kam Abtahi bereits am Sonntag gegen eine Kaution von umgerechnet 470.000 Euro frei. Oppositionelle und Menschenrechtsgruppen sprachen von einem Schauprozess gegen Abtahi. Er hatte bei seiner Anhörung Anfang August frühere Aussagen dementiert und erklärt, es habe keinerlei Betrug während der Präsidentschaftswahl gegeben. Außerdem hatte er ein vom Fernsehen übertragenes Geständnis abgelegt, in dem er sich schuldig bekannte, die Proteste mitangestiftet zu haben. Politische Freunde und Verwandte vermuten, Abtahi sei während seiner Aussage massiv unter Druck gesetzt und das Geständnis erpresst worden. Immer wieder berichteten Oppositionelle, viele der Festgenommenen seien in den Gefängnissen gefoltert worden.
Umstrittene Präsidentschaftswahlen
Abtahi hatte den bei den Präsidentschaftswahlen unterlegenen Oppositionskandidaten Mehdi Karrubi unterstützt und beraten. Am 12. Juli, gleich nach der Niederschlagung der Demonstrationen gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, wurde er festgenommen und vor einem Revolutionsgericht angeklagt. Seitdem saß er im berüchtigten Teheraner Ewin-Gefängnis ein.
Trotz schwerer Betrugsvorwürfe hatte der geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei den Sieg von Amtsinhaber Ahmadinedschad über den Kandidaten der Opposition, Mir Hussein Mussawi, anerkannt. Es sei ein Verbrechen, die Rechtmäßigkeit der Wahl in Frage zu stellen, sagte Chamenei. Danach war es zu den größten Massenprotesten seit der iranischen Revolution 1979 gekommen. Beobachter sprachen von der schwersten innenpolitischen Krise seit der Gründung der Islamischen Republik. Von den insgesamt rund 4000 inhaftierten Demonstranten wurden bislang 140 vor Gericht gestellt und mindestens fünf zum Tode verurteilt. Gegen die Urteile ist jedoch Revision zugelassen. Etwa 100 Oppositionelle, darunter mehrere führende Reformer, sitzen derzeit immer noch in Haft.
Autorin: Michaela Paul
Redaktion: Thomas Latschan