Iranischer Regimekritiker Montaseri gestorben
20. Dezember 2009Montaseri sei am frühen Sonntagmorgen (20.12.2009) entschlafen, teilte sein Enkel Nasser Montaseri mit. Die iranische Nachrichtenagentur meldete, der Geistliche sei nach langer Krankheit in der heiligen Stadt Ghom, der Theologen-Hochburg im Süden des Landes, gestorben.
Montaseri zählte zu den Anführern der Islamischen Revolution 1979, die den mit dem Westen verbündeten Schah stürzte. Revolutionsführer Ajatollah Khomeini hatte den Großajatollah zunächst im November 1985 als seinen Nachfolger vorgesehen. Kurz vor Khomeinis Tod wurde Montaseri jedoch wegen Meinungsverschiedenheiten wieder entthront.
Kritik am iranischen Regierungssystem
Der einflussreiche Geistliche Montaseri hatte sich in den vergangenen Jahren immer mehr von der politischen Führung distanziert. Die Folge waren mehrere Jahre Hausarrest bis 2003. Nach den iranischen Präsidentschaftswahlen im Sommer diesen Jahres teilte Großayatollah Hossein Ali Montaseri auf seiner Webseite mit, das herrschende islamische System habe wegen Betrugs keine politische und religiöse Legitimation mehr. Das von der Regierung präsentierte Ergebnis mit dem Erdrutschsieg von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad könne "niemand bei vollem Verstand" akzeptieren. Er hatte auch später die Regierung in Teheran immer wieder gewarnt, dass eine gewaltsame Unterdrückung der Proteste keine langfristige Lösung sei.
Großayatollah Hussein Ali Montaseri genoss bis zuletzt eine hohe Anerkennung in der iranischen Bevölkerung. Zu seinen Befürwortern dürften überwiegend junge, reformorientierte Studenten, aber auch viele religiös-konservative Iraner gezählt haben. Neben dem Führer der irakischen Schiiten, dem persisch-gebürtigen Großayatollah Ali as-Sistani, und dem derzeit in Haft befindlichen Regimekritiker Ayatollah Hossein Kazemyni Borudscherdi genoss er die höchste religiöse Reputation im Iran.
Autorin: Annamaria Sigrist (ap,dpa,rtr,afp,wikipedia)
Redaktion: Hans-Andreas Ziegler