1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Schmutzige Währung"

12. August 2010

Iran will künftig seine Geschäfte nicht mehr in Dollar und Euro abwickeln, die Währungen seien unrein, hieß es aus Teheran. Ist das politisches Säbelrasseln oder eine ernstzunehmende Drohung?

https://p.dw.com/p/OiIg
Symbol Euro, Foto: ap
Der Euro: zu 'schmutzig' für die Mullahs?Bild: AP

Im Streit um sein Atomprogramm will der Iran als Reaktion auf internationale Sanktionen internationale Geschäfte nicht mehr in Euro und Dollar abwickeln. Die beiden Währungen seien "schmutzig", Geschäfte sollten nur noch in den Währungen verbündeter Länder verrechnet werden, sagte der iranische Vizepräsident Mohammed-Resa Rahimi iranischen Medienberichten vom Dienstag (11.08.2010) zufolge. Auch für seine Geschäfte auf dem Dollar-dominierten Ölmarkt will das Land die beiden Währungen nicht mehr akzeptieren, wie der Vertreter von Präsident Mahmud Ahmadinedschad den Berichten zufolge sagte. Der Iran ist einer der größten Ölexporteure in der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC).

Eine "klassische Retourkutsche" nennt das Konstantin Kosten, Iran-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), mit der der Iran Stärke zeigen wolle, nachdem der Westen erst kürzlich schärfere Sanktionen gegen Iran beschlossen hatte. Er wirft dem Iran vor, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet das. In dem seit Jahren schwelenden Streit hatte der UN-Sicherheitsrat am 9. Juni 2010 auf erheblichen Druck der USA die bestehenden Sanktionen gegen Teheran verschärft. Die USA, die EU sowie Südkorea beschlossen zusätzliche Sanktionen gegen das Land. Der von der EU verabschiedete Strafkatalog zielt vor allem auf die iranische Öl- und Gasindustrie.

Die jüngste Ankündigung aus Teheran, Euro und Dollar künftig von seinem Markt zu verbannen, sei jedoch noch nicht einmal ein politisches "Säbelrasseln", findet Volker Perthes von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP), denn dafür fehle dem Iran der Säbel: "Das ist wie das Pfeifen im Walde: Man merkt, dass die neuesten Sanktionen wirklich weh tun und will der internationalen Gemeinschaft und auch der eigenen Nation zeigen, dass man sich davon nicht verschrecken lässt."

Alternative: Iranischer Rial


Auch Konstantin Kosten hält die Umsetzung dieser Drohung für mehr als fraglich, denn eigentlich wolle man im Iran wirtschaftliche Beziehungen zum Westen, sagt er, insbesondere zu Europa. Zudem stellt sich die Frage nach der Alternative: Die heimische Währung, der Rial, wird nur im Iran gehandelt, "und es dürfte für Iran schwierig und nur mit hohen Verlusten verbunden sein, jetzt ernsthaft alles auf den Rial umzustellen", gibt er zu bedenken. Dies würde auch für die Umstellung auf den Yuan aus China gelten, das seine Wirtschaftsbeziehungen mit der Islamischen Republik immer weiter ausbaut.

Doch damit nicht genug: Man will künftig in Teherans Straßen auch "jegliche Werbung für deutsche, englische oder südkoreanische Produkte" verbieten, damit nicht die "Waren der Feinde" gekauft würden. Insgesamt wolle der Iran weniger Waren aus der Europäischen Union einkaufen, kündigte der Vize-Präsident an. Im vergangenen Jahr hatte der Iran Produkte aus EU-Ländern im Wert von 11,4 Milliarden Euro eingekauft, das entspricht 27 Prozent der gesamten iranischen Einfuhren. Stattdessen sollten die benötigten Waren im Iran selbst produziert werden, auch wenn dies Zeit brauche, fügte Rahimi hinzu.

Keine Importe vom "Feind"

Vorsitzender der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes, Foto: SWP
Nur das "Pfeifen im Walde", so Volker PerthesBild: picture-alliance/dpa
Iranisches Geld, Foto: ap
Rial: Künftiges Zahlungsmittel für Irans internationalen Handel?Bild: DW

Eine Maßnahme, die einzelne Produkte, wie zum Beispiel PKW aus deutscher Produktion, treffen könnte. Doch solche Importe werden bereits jetzt mit Einfuhrzöllen von satten 100 Prozent und mehr belegt. Gänzlich auf westliche Importe zu verzichten, das werde dem Iran jedoch nicht gelingen, glaubt Perthes: Iran sei zwar ein Schwellenland, in dem bestimmte Dinge wie Autos oder Maschinen selbst produziert werden könnten, aber es gebe bestimmte Bereiche, wo das Land nicht in der Lage sei, fehlende Technologie, etwa für Ölraffinerien, aus dem Westen, Russland oder China zu ersetzen.

Dass die Iraner jetzt jedoch behaupten, auf diese Importe zu verzichten, klingt scheinheilig, denn letztlich war es die EU selbst, die es ihren Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jüngsten Sanktionen verboten hat, vor allem in die Erdölförderung und die Weiterverarbeitung zu investieren. "Wenn der Iran jetzt sagt: 'Wir wollen von Euch keine Raffinerien und Anlagen', dann ziehen sie im Grunde nur nach und wollen demonstrieren, dass sie sich nicht bestrafen lassen", sagt Volker Perthes.

Suche nach anderen Partnern

Förderanlange im Iran, Quelle: IRNA
EU will nicht mehr in Irans Ölindustrie investieren

Nicht erst seit den jüngsten Sanktionen ist Iran auf der Suche nach alternativen Handelspartnern: Vor allem in China sucht man derzeit nach Investoren für die maroden Raffinerien, zudem ist Iran mittlerweile der drittgrößte Lieferant von Erdöl nach China. Die Sanktionen zeigten, dass Europa derzeit bereit zu sein scheint, den iranischen Markt auf Jahre der Konkurrenz zu überlassen, so Konstantin Kosten.

Und selbst zum ehemaligen Feind Irak streckt Iran jetzt seine Fühler aus, der neue iranische Botschafter im Irak will die Wirtschaftsbeziehungen zum Irak ausbauen. Der Handel zwischen beiden Staaten werde sich in naher Zukunft verdoppeln, kündigte Botschafter Hassan Dannaie Fir erst kürzlich in Bagdad an. Für iranische Güter sei der Irak "ein fruchtbarer Markt". Das Handelsvolumen zwischen den zwei Nachbarstaaten beträgt derzeit etwa sieben Milliarden Dollar (rund fünf Milliarden Euro) pro Jahr. Seit dem Sturz von Diktator Saddam Hussein haben iranische Firmen im Irak verstärkt Fuß gefasst.

Autorin: Ina Rottscheidt
Redaktion: Thomas Latschan