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Iran will Auslandsmedien mundtot machen

16. Juni 2009

Die Führung des Iran versucht, ausländische Medien an die Kette zu legen. Vor allem über Massenproteste gegen Präsident Ahmadinedschad dürfe nicht mehr berichtet werden, ordnete das Kulturministerium an.

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Iraner von Kameras und Mikrofonen umzingelt (dpa/archiv)
Solche Szenen will der Iran ab sofort verhindern: Kameras und Mikrofone der internationalen MedienBild: picture alliance / dpa

Alle Beiträge, die nicht vom Ministerium autorisiert sind, sollen "ernsthaft" vermieden werden, teilte das iranische Kulturministerium am Dienstag (16.06.2009) mit. "Kein Journalist hat die Erlaubnis, in der Stadt zu berichten, Filme zu drehen oder Bilder zu machen", erläuterte ein Ministeriumssprecher in Teheran die praktischen Konsequenzen. Nur von ihren Büros aus dürften Reporter weiter berichten. Interviews seien nur noch per Telefon erlaubt.

Ausländischen Medienvertretern, die anlässlich der Präsidentenwahl ins Land gekommen waren, würden die Akkreditierungen entzogen und die Visa nicht mehr verlängert. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) beklagte, Journalisten seien festgenommen, Zeitungen geschlossen, Beamte entlassen, Artikel zensiert, Webseiten gesperrt und das Mobilfunknetz teilweise abgeschaltet worden.

Anhänger und Gegner der Regierung marschieren auf

In einem Rundschreiben an die Korrespondentenbüros wird insbesondere ein Berichterstattungsverbot für die Massenkundgebungen gegen Präsident Mahmud Ahmadinedschad verhängt. Als Antwort auf die Demonstration hunderttausender Anhänger des reformorientierten Präsidentschaftskandidaten Mir Hossein Mussawi ließ die iranische Führung am Dienstag in Teheran tausende Menschen aufmarschieren, die ihre Sympathie für Staat und Regierung zum Ausdruck bringen sollten. Diese skandierten ihre Treueschwüre für Präsident und Revolutionsführer.

Demonstrantin mit Plakat. Text: "Ahmadinejad is not my president" (Foto:AP)
"Ahmadinedschad ist nicht mein Präsident": Der Widerstand gegen den Wahlausgang geht weiterBild: AP

Nur wenige hundert Meter entfernt versammelten sich trotz Verbots auch wieder die Unterstützer Mussawis, diesmal zu einem Schweigemarsch, wie das ARD-Fernsehen berichtete. Mussawi, der den Wahlsieg für sich reklamiert, gab sich diplomatisch. Er hatte an seine Anhänger appelliert, auf die geplante zweite Großkundgebung zunächst zu verzichten. Eine gewaltsame Konfrontation mit den regierungstreuen Demonstranten müsse unbedingt vermieden werden, so Sprecher der Oppositionsbewegung.

Staatsfunk bestätigt Todesopfer

Nach einer Meldung des staatlichen iranischen Rundfunks waren am Rande der Massenproteste am Vortag sieben Menschen getötet worden als sie das Gebäude einer Miliz stürmen wollten. Das Studio des Deutschen Fernsehens in Teheran berichtete unter Berufung auf Oppositionskreise sogar von 15 Todesopfern.

Verletzter auf dem Boden liegend zwischen Demonstranten (Foto: AP)
Verletzter Demonstrant während der Teheraner Massenproteste vom MontagBild: AP

Nach der Demonstration nahm die Polizei nach Oppositionsangaben mehrere Reformpolitiker fest, so den ehemaligen Vizepräsidenten Mohammed Ali Abtahi. Die amtliche Nachrichtenagentur Fars meldete, mehrere Menschen mit "anti-revolutionären Ansichten" seien verhaftet worden. Auch Studenten wurden in ihren Wohnheimen festgenommen.

Ahmadinedschad: Weltmächte am Ende

Während sein Herrschaftssystem von den mächtigsten Protesten seit Jahrzehnten erschüttert wird, philosophierte Ahmadinedschad im fernen Russland über das Ende der Großmächte. Vor der Tagung der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in Jekatarinburg verkündete der Staatschef, die kapitalistische Ordnung ziehe sich zurück. Die USA seien "überwältigt von einer politischen und wirtschaftlichen Krise". Die Ära der Weltmächte sei vorbei und werde "nie wiederkommen". (SC/mas/dpa/rtr/afp/ap)