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Irakische Schiiten nominieren Ministerpräsidenten

22. Februar 2005

Ibrahim al-Dschafari soll neuer Ministerpräsident des Iraks werden. Darauf einigte sich die schiitische Wahlallianz nach tagelangem Gezerre. Al-Dschafari setzte sich damit gegen seinen Widersacher Ahmed Chalabi durch.

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Neuer Regierungschef: Ibrahim al-DschafariBild: dpa

Die Vereinigte Irakische Allianz, die bei der Parlamentswahl am 30. Januar 2005 mit 140 von 275 Sitzen die absolute Mehrheit erzielt hatte, erklärte al-Dschafari am Dienstag (22.2.2005) zu ihrem gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten.

Sicherheit als wichtigstes Ziel

Der Vorsitzende des Irakischen Nationalkongresses (INC), Ahmed Chalabi, hatte als letzter seine Bewerbung für das Amt des Regierungschefs zurückgezogen und damit den Weg für Al-Dschafari freigemacht. "Ich habe mich zu Gunsten der Einheit der Allianz zurückgezogen", sagte Chalabi. Al-Dschafari betonte, sein wichtigstes Ziel als Regierungschef werde es sein, im Irak für Sicherheit zu sorgen.

Der 54-jährige al-Dschafari gehört zu den beliebtesten und einflussreichsten Politikern des Landes. Der amtierende Vizepräsident und Vorsitzende der ältesten irakischen Schiitenpartei Dawa profitiert dabei auch von der Geschichte seiner 1957 gegründeten politischen Bewegung, die sich gegen die von der Baath-Partei dominierte Regierung wandte. Zugleich steht die Bewegung für eine islamische Reformpolitik und eine Modernisierung religiöser Institutionen.

Leben im Exil

Anfang der 1980-er Jahre begann die Dawa-Partei mit dem bewaffneten Widerstands gegen die Regierung von Saddam Hussein. Damals führte der Irak einen zermürbenden Stellungskrieg gegen seinen Nachbarn Iran. Der im zentralirakischen Kerbela geborene Dschaafari ging zu dieser Zeit als politischer Flüchtling in den Iran, wo er enge Beziehungen knüpfte, die ihm politische Gegner bis heute vorhalten. 1989 zog er schließlich nach London. Seine fünf Kinder leben noch dort.

Nach dem Einmarsch der US-geführten Truppen in den Irak im März 2003 gehörte der gelernte Arzt zu den ersten Exilpolitikern, die in ihr Heimatland zurückkehrten. Schon im August des Jahres machte die US-Verwaltung ihn zum ersten Vorsitzenden des damals neu eingerichteten irakischen Regierungsrates. Seitdem zeigte sich al-Dschafari in den öffentlichen Debatten recht zurückhaltend.

Islamische Rechtssprechung

Mit dieser Taktik schaffte er es in Meinungsumfragen vor der Wahl im Januar gleich hinter dem unangefochtenen Großayatollah Ali al-Sistani und dem radikalen Schiitenprediger Muktada al-Sadr auf Platz drei der "einflussreichsten Politiker". Dabei mag ihm geholfen haben, dass er bei der Diskussion um die Übergangsverfassung die Auffassung vertrat, dass sich die Rechtsprechung einzig auf den Islam als Quelle stützen solle.

Obwohl Schiit, genießt Dschafari als einer der wenigen Vertreter seiner Glaubensauslegung auch Respekt unter sunnitischen Irakern. Ihm ist es nach eigenem Bekunden wichtig, dass die Schiiten nach Jahrhunderten der Unterdrückung nicht anderen religiösen oder ethnischen Gruppen ihren Willen aufzwingen. Schon vor dem schiitischen Wahlsieg betonte er: "Wenn wir gewinnen, werden wir als Iraker regieren, nicht nur als Schiiten. Und wir werden andere Gemeinschaften mit einbinden."(ch)