Kolumbien: Investigativer Journalismus in Zeiten von Fake News | Lateinamerika | DW | 04.04.2017
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Lateinamerika

Kolumbien: Investigativer Journalismus in Zeiten von Fake News

Journalisten, Studenten und Akademiker haben in Bogotá über Herausforderungen für investigativen Journalismus debattiert. Mit dabei: Der Beauftragte der Bundesregierung für den Friedensprozess in Kolumbien, Tom Koenigs.

"Journalismus ist immer gegen die Mächtigen und oft auch gegen die Mehrheit, wenn diese von Vorurteilen und falschem Glauben gesteuert ist. Die Fakten müssen sich gegen Religionen und Ideologien durchsetzen." Mit diesen Worten fordert Kolumbiens führender Investigativ-Journalist Daniel Coronell die 300 Anwesenden in dem vollen Saal auf, mit gründlichen Recherchen und solider Information Lügenkampagnen in Medien und sozialen Netzen zu entlarven. Neben einer Reihe internationaler Gäste ist er einer der Sprecher auf der zehnten Konferenz für Investigativ-Journalismus des kolumbianischen Journalistennetzwerkes Consejo de Redacción. Für die kolumbianischen Journalisten gibt es viel zu tun, denn in einem Jahr sind Präsidentschaftswahlen. Trotz des bisher sehr erfolgreichen Friedensprozesses mit der FARC-Guerilla ist die Stimmung im Land stark polarisiert. Zusätzlich hat eine Reihe von Korruptionsfällen das ohnehin nicht besonders gute Image der politischen Eliten noch weiter beschädigt.

Koenigs: "Journalisten sollten Antworten einfordern."

Kolumbien DW-Akademie Konferenz organisiert vom Journalistennetzwerk Consejo de Redacción

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kolumbien, Tom Koenigs

Der deutsche Grünen-Bundestagsabgeordnete Tom Koenigs begleitet seit zwei Jahren als Beauftragter des Außenministers den Friedensprozess in Kolumbien. In einem Podiumsgespräch mit der kolumbianischen Journalistin Gloria Castrillón schildert er die deutsche Sicht auf die Entwicklung in dem südamerikanischen Land: Der Friedensprozess sei irreversibel und alternativlos und verlaufe außerdem überraschend reibungslos. Die Konzentration von über 5000 bewaffneten Kämpfern in 26 Entwaffnungszonen sei ohne jeden Zwischenfall verlaufen. Die Gegner des von Präsident Santos geführten Friedensprozesses müssten deutlich machen, mit welchen Mitteln sie den erreichten Frieden sichern wollen. "Ich finde, die Journalisten sollten einfordern, dass sie Antworten kriegen. Und da, wo in der Gesellschaft Fragen aufkommen, sollten Journalisten das durchaus zuspitzen. Man sieht wie ungeheuer wichtig bei einer völligen Polarisierung der Gesellschaft die freien Medien sind", so Koenigs.

Datenjournalismus: Auf der Suche nach Fakten 

Schwerpunkt des zweitägigen Konferenzprogramms mit Paneldiskussionen und Workshops war die Frage, wie Journalistinnen und Journalisten mit Hilfe digitaler Techniken recherchieren und die Wahrheit ans Licht bringen können. Christiaan Triebert aus den Niederlanden, Mitglied des Journalistenkollektivs Bellingcat, stellte internetbasierte Recherchen zu Konflikten in der Ostukraine und in Syrien vor. So konnte beispielsweise anhand von Fotos und Videos aus sozialen Medien in Kombination mit Google-Maps-Analysen der genaue Standort einer mobilen russischen Raketenabschussplattform bestimmt werden, von der im Juli 2014 die malaysische Passagiermaschine MH17 abgeschossen wurde.

Die Crowd hilft mit: Unabhängiger Journalismus dank Spenden

Stefan Wehrmeyer, Open Data-Aktivist und Journalist des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV aus Deutschland, nahm auf Einladung der DW Akademie an dem Treffen teil. Er zeigte den Konferenzteilnehmern neue Wege für einen von politischen und wirtschaftlichen Machtgruppen unabhängigen und investigativen Journalismus: Recherche basierend auf öffentlich zugänglichen Daten, finanziert durch Mitgliedsbeiträge von Nutzer-Netzwerken. "Der Journalismus ist durch Fake-News in einer Vertrauenskrise. Wir müssen unseren Nutzern erklären, wie Qualitätsjournalismus funktioniert." In einem Workshop gab Wehrmeyer Journalistik-Studenten eine Einführung in die Grundlagen des Datenjournalismus.

Investigativer Journalismus: Mit  Team-Arbeit zum Erfolg 

Kolumbien DW-Akademie Konferenz organisiert vom Journalistennetzwerk Consejo de Redacción

Ginna Morelo, Vorsitzende von Consejo de Redacción

Wie bedeutend kollaborative Datenrecherchen in Kolumbien bereits sind, zeigte Ginna Morelo, Leiterin des Datenjournalismus-Team von "El Tiempo", der größten Tageszeitung Kolumbiens und Vorsitzende von "Consejo de Redacción", am Beispiel des Open Data-Projekts Las Niñas Madres. Journalisten aus fünf lateinamerikanischen Ländern haben darin öffentliche Daten über minderjährige Schwangere aufbereitet und damit ein Schlaglicht auf ein grassierendes aber in der Öffentlichkeit kaum diskutiertes Problem geworfen. Das von Consejo de Redacción durchgeführte Projekt wurde von der DW Akademie mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert.

Für Morelo war die Konferenz in der kolumbianischen Hauptstadt ein voller Erfolg. Vor zehn Jahren wurde das Journalistennetzwerk "Consejo de Redacción" gegründet. Seither hat es sich zur führenden Journalistenorganisation Kolumbiens entwickelt, die für innovativen und kritischen Journalismus steht und weit über die Landegrenzen hinweg Anerkennung findet.

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