Interview mit Inge Meysel - August 1978 | Schauspieler im Gespräch | DW | 07.02.2011
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Schauspieler im Gespräch

Interview mit Inge Meysel - August 1978

"Ich spiele sie einfach, weil diese Rollen im Fernsehen besonders gut den Menschen treffen" – Inge Meysel über ihre Fernsehrollen

Eine vergnügte Inge Meysel in der Sendung Wetten daß...? in Bremerhaven (13.01.96)

Inge Meysel in der Sendung "Wetten daß...?" in Bremerhaven (13.01.96)

Fünf goldene "Bambis", neun "Ottos" der Zeitzschrift "Bravo", eine "Goldene Kamera" und, und, und… die Liste der Auszeichnungen für Inge Meysel könnte man noch lange fortsetzen. Diese Schauspielerin konnte auf eine Karriere zurückblicken, die so manchen ihrer Kollegen mit Neid erfüllen würde. Dabei hielt das Leben für Inge Meysel nicht immer nur Blumensträuße bereit.

Mit gefälschter Unterschrift

Inge Meysel kam eigentlich als Ingeborg Charlotte Hansen am 30.5.1910 in Berlin zur Welt. Erst nach der Eheschließung ihrer Eltern wurde sie nun auch eine Meysel. Schon in der Schule fühlte sich die junge Inge zur Bühne hingezogen. Ihr Interesse für diesen Beruf wurde noch weiter verstärkt, indem sie am freiwilligen "Dramatischen Unterricht", der zweimal in der Woche stattfand, teilnahm. Diesem Unterricht folgte dann eine Aufführung, in der die Teilnehmer ihr theatralisches Können unter Beweis stellten. Für Inge Meysel kam nun auf diese Weise der erste "Triumph": für ihren Auftritt in der Schulaula wurde sie hoch gelobt. Nach einer weiteren gelungenen Vorstellung vor den Schülern und Lehrern stand ihr Entschluss fest: sie wollte Schauspielerin werden. Und das entgegen dem Wunsch ihres Vaters, der für sie ein Jurastudium vorgesehen hatte. Sabine Stamer beschreibt in ihrer Meysel-Biographie diesen Schritt zur Schauspielerei: "Sie jedenfalls ist wild entschlossen, keine Zeit zu verlieren. Auf eigene Faust meldet sie sich nach dem Einjährigen von der Schule ab, fälscht dazu die Unterschrift ihres Vaters und konfrontiert ihn so mit vollendeten Tatsachen. … Ebenso heimlich meldet Inge sich 1927 zur Aufnahmeprüfung für die Schauspielschule des Staatlichen Schauspielhauses an, damals unter der Leitung Leopold Jessners." Diese Prüfung brachte Inge Meysel nicht den gewünschten Erfolg, sie wurde jedoch in die Schauspielschule von Ilka Grüning und Lucie Höflich aufgenommen, die sie auch absolvierte.

Zwölf Jahre, drei Monte und acht Tage

Inge Meysel als 20jährige - 1930 debütierte sie am Zwickauer Stadttheater

Inge Meysel als 20jährige - 1930 debütierte sie am Zwickauer Stadttheater

Nun kamen für die junge Schauspielerin die ersten Engagements: 1930 debütierte sie am Zwickauer Stadttheater, dann ging sie für zwei Jahre nach Leipzig und schließlich an das Renaissancetheater in Berlin. Es war ein gelungener Karrierenstart, der allerdings brutal abgebrochen wurde: 1933 wurde die Halbjüdin Inge Meysel von den deutschen Bühnen verbannt. Mit verschiedenen Tätigkeiten schlug sie sich nun durch und betätigte sich auch im Handel: "…habe alles Mögliche verkauft, Kleider und Blusen, tausend Dinge." Und 1942 noch ein weiterer Schicksalsschlag: die Gestapo verbot ihr das Zusammenleben mit ihrem Lebenspartner, dem Schauspieler Helmut Rudolph. Erst nach zwölf Jahren, drei Monaten und acht Tagen, wie sie selbst ausgerechnet hatte, kehrte für sie die Normalität wieder ein.

Inge Meysel flirtet am 24.8.96 mit dem amerikanischen TV-Star David Hasselhoff während der Gala zum 40. Geburtstag der Jugendzeitschrift Bravo

Inge Meysel flirtet am 24.8.96 mit dem amerikanischen TV-Star David Hasselhoff während der Gala zum 40. Geburtstag der Jugendzeitschrift "Bravo"

Nicht einverstanden

Noch 1945 kehrte Inge Meysel im zerstörten Hamburg auf die Bühne zurück – zunächst auf eine "improvisierte" in der Hamburger St.-Johannis-Kirche. Seit diesem Moment sollte sie nun aus der deutschen Bühnen- und Filmlandschaft nicht mehr weg zu denken sein. Zuerst sollte das Thalia-Theater in Hamburg für die nächsten 25 Jahre ihre künstlerische Heimat werden. Doch hinzu kam noch ein weiteres Medium, das sie populär machen sollte: nämlich das Fernsehen. Denn seit 1953 inszenierte man für die Mattscheibe Theaterstücke, in denen Inge Meysel auch schon auf der Theaterbühne zu sehen gewesen war. Ihre Popularität nahm unter dem Fernsehvolk immer mehr zu. Doch den Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere erreichte Inge Meysel dank der siebenteiligen Serie "Die Unverbesserlichen", die im Mai 1965 startete. Die Rolle der Käthe Scholz in der Geschichte um den Alltag und das Leben der kleinbürgerlichen Berliner Familie Scholz in Berlin brachte Inge Meysel die Bezeichnung "Fernsehmutter der Nation" ein. Gegen dieses Image kämpfte sie ständig an, doch für viele blieb sie das bis zum Schluss. Das Fernsehen stand seit Mitte der 60er-Jahre im Mittelpunkt ihres Schaffens – sie war in weit über 100 Produktionen zu sehen. Daneben übernahm sie auch unzählige Theaterrollen und drehte auch einige Kinofilme. Unermüdlich schlüpfte sie in Charakterrollen, verkörperte gleichermaßen resolute wie auch bösartige Frauengestalten. Anlässlich ihres 85. Geburtstages übertrafen sich die Blätter mit Würdigungen und Porträts. Unter anderem hatte auch der "Rheinische Merkur" vom 26.5.95 ein zutreffendes Kompliment für sie, indem er schrieb. "Inge Meysel, eine Aristokratin des Volkes." Im Alter von 94 Jahren verstarb die beliebte Schauspielerin am 10.7.04 in Bullenhausen.

Im August 1978 sprach DW-Redakteuer Klaus Goetze-Clarén mit Inge Meysel über ihr Leben und ihre Karriere.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Diana Redlich

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