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Internationales Recht ist die Leitschnur

Das Gespräch führte Louise Brown7. März 2003

DW-WORLD im Gespräch mit Sir Paul Lever über die britische Irakpolitik und das britisch-deutsche Verhältnis. Lever ist seit 1997 britischer Botschafter in Berlin.

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Botschafter Sir Paul Lever: <br>britisch-deutscher Motor läuftBild: Britische Botschaft

Herr Botschafter, wie erklären Sie sich Tony Blairs harte Haltung in der Irakfrage. Immerhin sind 50 bis 60 Prozent der Briten gegen einen Irakkrieg und selbst seine eigene Fraktion im britischen Unterhaus hat seine Position offen kritisiert.

Tony Blair ist überzeugt, dass vom Irak eine reale Gefahr ausgeht. Der Irak muss entwaffnet werden; vor allem müssen seine Programme zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen gestoppt werden. Die Abstimmung im Unterhaus hat gezeigt, dass lediglich eine Minderheit der Abgeordneten Zweifel an einem militärischen Vorgehen gegen den Irak zum jetzigen Zeitpunkt hat. Die große Mehrheit unterstützt weiterhin die Politik unserer Regierung.

in Deutschland fällt es den Menschen schwer, den Irak als Gefahr zu sehen und somit ein militärisches Eingreifen zu billigen. Verfügt die britische Regierung über Informationen, die der deutschen Öffentlichkeit vorenthalten wurden?

Ich würde mich wundern, wenn viele Deutsche - oder zumindest diejenigen, die sich ernsthaft mit dem Thema befassen – bestreiten, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen hat. Es gibt Berichte der UN-Inspektoren, nach denen es im Irak hunderte bis tausende Tonnen Nervengas, Anthrax und andere chemische Giftstoffe gibt. Hussein hat bereits zweimal chemische Waffen gegen sein eigenes Volk und auch gegen den Iran eingesetzt. Hussein hat bisher nicht gesagt, was mit diesen Waffen geschehen ist. Ich denke, es gibt keinen ernsthaften Zweifel darüber, dass er noch immer diese Waffen besitzt. Sicherlich gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der Irak am besten entwaffnet werden kann. Aber ich glaube nicht, dass irgendjemand wirklich bezweifelt, dass es ein Problem mit dem Irak gibt.


Sollte Tony Blairs Werben für eine zweite UN-Resolution erfolglos bleiben, müsste er eventuell ohne Deckung durch die UN zum Militärschlag mit den US-Amerikanern ausholen. Welche Konsequenzen würde dies nach sich ziehen?


Das ist eine interessante Frage, die allerdings vollkommen hypothetisch ist. Großbritannien wird nur dann militärisch eingreifen, wenn ein solches Vorgehen mit dem internationalen Recht vereinbar ist. Die britische Regierung ist sich sicher, dass es eine zweite Irakresolution geben wird, durch die ernsthafte Konsequenzen legitimiert sein werden. Die Erfahrung hat im übrigen gezeigt, dass Saddam Hussein nur dann auf Forderungen des UN-Sicherheitsrates eingeht, wenn er militärisch akut bedroht ist. Leider ist dies der einzig realistische Weg, Saddam Hussein Handeln zu beeinflussen, auch wenn das manche Menschen nicht gerne hören mögen.


Europa ist über die Irakfrage gespalten. Hat die Auseinandersetzung in der Irakfrage die britisch-deutschen Beziehungen belastet?


Die deutsch-britischen Beziehungen sind sehr gut und sehr eng, insbesondere das Verhältnis zwischen Gerhard Schröder und Tony Blair. Ich würde sogar sagen, das Verhältnis zwischen Gerhard Schröder und Tony Blair ist das beste zweier Regierungschefs, das ich in meiner diplomatischen Laufbahn seit 1966 erlebt habe. Daran wird auch die Irakfrage nichts ändern. Was die Irakfrage betrifft, so sind wir beide der Auffassung, dass die UN-Resolutionen umgesetzt werden und der Irak entwaffnet werden muss. Natürlich gibt es Differenzen darüber, wie dies erreicht werden kann. Aber die britische Regierung hat immer wieder betont, dass sie die deutsche Position akzeptiert und respektiert.