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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Beatrice Hyder29. Juli 2006

Nahost-Konflikt / Tour de France: Dopingskandal

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Bestimmende Themen in der ausländischen Presse waren diese Woche der Nahost-Konflikt und der Dopingskandal um den Sieger der Tour de France, Landis. Die Kämpfe im Libanon gehen weiter - die Welt bemüht sich um Ruhe in dem Konfliktgebiet. Die Meinung der Presse ist fast einhellig: alles läuft im 'Bummeltempo'.

So schreibt der britische GUARDIAN:

"Es ist erstaunlich, dass die Welt zwei Wochen nach Beginn des Libanon-Kriegs immer noch eher zuschaut als handelt. Nach den internationalen Peinlichkeiten der 90er Jahre, als Europa zusah, wie Sarajevos Zivilbevölkerung von den umliegenden Hügeln angegriffen wurde, und die Vereinten Nationen es versäumten, den Bürgerkrieg in Ruanda zu beenden, haben die Menschen in Großbritannien und anderswo in Europa jeden Abend im Fernsehen die Massaker im Libanon und dessen Ausplünderung vor Augen. Und sie erwarten zu Recht, dass von ihren Regierungen eine Antwort kommt. Aber nichts passiert", meint der GUARDIAN.

Eine Antwort war von der Nahost-Konferenz im Rom erwartet worden. Nach Meinung der französischen Zeitung LIBÉRATION hat diese aber nur 'eine Maus geboren'. Das Blatt schreibt weiter:

"Das Scheitern der Konferenz von Rom, zu der Israel nicht eingeladen war, lässt Israel etwas mehr Ellenbogenfreiheit, und es sind nicht die Warnungen der Europäer angesichts sich häufender Fehlleistungen, die es zu beeindrucken scheinen."

DER STANDARD aus Österreich sieht die Europäer einmal mehr den USA gegenüberstehen und kommentiert:

"..die Wahrheit ist, dass Israels Bombardierung des Libanon den Westen spaltet, die Europäer gegen die US-Regierung stellt. Und mehr noch: dass der 'Neue Nahe Osten', den die amerikanische Außenministerin nun trotzig nochmals ausruft, den Europäern nur als Scherbenhaufen einer verfehlten Politik der USA seit dem 11. September und dem Irakkrieg erscheint."

Der DAILY TELEGRAPH fragt:

"Man wundert sich, welchen Zweck die Reise von US-Außenministerin Condoleezza Rice nach Europa und in den Nahen Osten hatte. Beim Anblick von ihr und den anderen Beteiligten kann man sich dem Eindruck der Sinnlosigkeit kaum entziehen."

Nach Meinung der italienischen Zeitung IL MESSAGGERO geschieht jedoch viel hinter den Kulissen. Der Grund sei, dass keiner der großen und kleinen Protagonisten der Krise sein Gesicht und seine Glaubwürdigkeit verlieren wolle. Mit Blick auf das Treffen von US-Präsident Bush und dem britischen Premier Blair am Freitag schreibt das Blatt:

"Die 'Großen' sprechen vor den Fernsehkameras, während die wichtigen Dinge hinter den Kulissen passieren. Geheimverhandlungen, Treffen , Augenzwinkern. Bush und Blair haben in Washington weiter Syrien und den Iran als Teil des Problems des Terrorismus gebrandmarkt - aber hinsichtlich eines Waffenstillstands wird in Damaskus, Kairo und natürlich in Jerusalem und Beirut verhandelt", schreibt die italienische Zeitung IL MESSAGGERO.

Die INTERNATIONAL HERALD TRIBUNE sieht eine Lösungsmöglichkeit. Das Blatt kommentiert:

"So schlimm wie die Situation momentan aussieht, gibt es doch eine Möglichkeit, sowohl die Extremisten zurückzudrängen als auch die moderaten Kräfte zu stärken. Notwendig dafür sind eine erfindungreiche, aktive und nachhaltige Diplomatie unter Führung der USA....Die Herausforderung für die (US-)Administration ist, die Allianz (aus Europäern, UN und Saudi Arabien) wiederherzustellen, die Syrien (im Jahr 2005) aus dem Libanon vertrieb...."

"Wieder ein Sieger in der Gosse" - so fasst eine belgische Zeitung den Doping-Skandal um den Sieger der diesjährigen Tour de France, den Amerikaner Floyd Landis, zusammen.

Die französische Zeitung LIBÉRATION schreibt:

"Die erbärmliche Landis-Affäre...macht alles kaputt und zeigt, ...dass das Milieu des professionellen Radsports an einer unheilbaren Krankheit leidet. Von einigen weißen Schafen abgesehen, macht das Fahrrad süchtig, die medizinischen Labore laufen auf Hochtouren und alles andere ist nichts weiter als Heuchelei und Lüge. Das Phänomen hat solche Ausmaße angenommen, dass der Radsport immer mehr dem Catchen ähnelt, diesem Königreich der gestürzten Engel: Eine Show, die wie Sport aussieht und doch nur Blendwerk ist, wo das Schummeln zur Kunst hochstilisiert wird. Einigen... gefällt dies ja immer noch", so die französische Zeitung LIBÉRATION.

Die BASLER ZEITUNG fordert: 'Profis, steigt vom Rad herunter'.

"Eine Sensation ist der neuerliche Skandal nicht, denn die Disziplin auf den zwei Rädern gilt flächendeckend als verseucht. Und trotzdem ist man immer wieder überrascht, dass man überrascht ist. Weil so viel Dummheit, so viel Skrupellosigkeit gegenüber dem eigenen Körper eigentlich gar nicht sein kann. Keine Frage, der Radsport erlebt seinen Super-GAU, er ist am Boden. Wie wäre es, wenn man das Klassement der vergangenen Tour für ungültig erklären würde und alle Rennen dieser Saison absagt: die Vuelta, die WM, die Züri-Metzgete? Es sind doch ohnehin alle gedopt."

Die belgische Zeitung DE MORGEN meint:

"Wenn auch die Analyse der B-Probe von Landis das gleiche Resultat ergibt und auch zusätzliche Tests seines hormonalen Profils in die gleiche Richtung weisen, dann ist er - nach Roberto Heras beim Vuelta und Ivan Basso beim Giro - der dritte Gewinner einer großen Rundfahrt in Folge, den wir in die Gosse spülen können. Es ist der soundsovielste Nackenschlag für den Radsport, aber das wird den einfachen Fan nicht um den Schlaf bringen."

Die französische Zeitung LE MONDE empfiehlt, über die Dopingaffäre zu lächeln, denn:

"Alles begann schlecht und ging schlecht zu Ende. Schon vor dem Start am 1. Juli in Straßburg wurde die Tour de France von immer währenden Dopingaffären eingeholt. Die Hauptfavoriten, die durch eine Untersuchung der spanischen Polizei des Handels mit Blutkonserven beschuldigt wurden, waren bereits vor dem Start aus dem Rennen. Heute wird der Sieger des Wettkampfes, der Amerikaner Floyd Landis, durch einen positiven Testosteron-Dopingtest beschuldigt. Lange Zeit erschien die Haltung der Radprofis betrüblich. Von nun an lädt sie zum Lächeln ein, erscheint doch die Ironie als letzte Zuflucht angesichts des Ausmaßes des Bösen, unter dem der Radsport - zwischen Apotheke, Unterlassungen und Verdächtigungen - leidet.", meint LE MONDE.

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG sieht bereits Chancen für den Tour-Zweiten, den Deutschen Andreas Klöden. Das Blatt schreibt:

"Es ist Hoch-Zeit für Mutmaßungen und kluge Ideen. Die ZDF-Verantwortlichen, während Jahren blind aus Liebe zu Jan Ullrich, überlegen sich den Abschied von der 'Pharma-Leistungsschau' Tour de France. Rudolf Scharping, der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, hat bereits die gerechte Verteilung der Preisgelder an den Tour-Zweiten Klöden und den Dritten Prereiro angeregt. Klöden seinerseikts sagt, wenn Landis' B-probe positiv sei, fühle er (Klöden) sich betrogen. Und Pereiro meint, er bliebe lieber Zweiter. Vielleicht folgt der Spanier einem Beispiel (Jan) Ullrichs. Der Deutsche wurde einmal gefragt, ob er jene, die ihn im Kampf um den Sieg betrogen haben, verklagen wolle. Ullrich wollte nicht. Ein Zyniker weiß warum", schreibt die NEUE ZÜRCHER.