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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Ulrike Quast17. April 2004

Lage im Irak / Regierungswechsel in Spanien / Nahostpolitik der USA

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Im Mittelpunkt der Kommentare der internationalen Presse stehen in dieser Woche die ungewisse Sitation im Irak, der Regierungswechsel in Spanien und die jüngste Wende der USA in der Nahostpolitik.

Die BASLER ZEITUNG schreibt zum Irak-Dilemma von US-Präsident George W. Bush:

"Die Pressekonferenz des amerikanischen Präsidenten war ein eindrucksvolles Dokument politischer Ratlosigkeit. Kurs halten, weitermachen, jetzt nicht schwach werden - das sind die Durchhalteparolen, mit denen Bush versucht, die wachsenden Ängste der US-Bürger vor einem Debakel im Stile des Vietnamkrieges zu zerstreuen. Die Rhetorik schien beinahe unverändert, doch im Gestus wirkte Bush verunsichert. Die täglichen Fernsehbilder von neuen Gefechten, Anschlägen und Geiselnahmen haben Bush offensichtlich zugesetzt. Ob er selbst noch an den Erfolg der Irak-Mission in absehbarer Zeit glaubt, ist schwer auszumachen. Sicher ist, dass Bush keine Alternative zur derzeit verfolgten Strategie sieht."

Die französische Zeitung LE FIGARO meint:

"Man hätte glauben können, dass die irakische Sackgasse den amerikanischen Präsidenten veranlasst hätte, sich der Auffassung seiner Verbündeten anzuschließen oder ihre Ansichten mindestens zu berücksichtigen. Auf dieser Seite des Atlantiks gibt es keine Veranlassung, ohne triftigen Grund gegen Bush zu Felde zu ziehen. Er hat schon so genügend Probleme. Keiner in Europa kann glauben, dass die Vereinten Nationen wie mit einem Zauberstab Ruhe und Ordnung in den Irak bringen werden, der im Chaos versinkt. Die Europäer glauben an edle Konzepte wie internationale Legitimität und Aufteilung der Verantwortung. Doch angesichts der Entschlossenheit von George W. Bush, angesichts seiner tiefen Überzeugung, für das Wohl der Welt zu handeln, reichen diese Glaubenssätze nicht mehr."

Die österreichische Zeitung DER STANDARD kommentiert die italienische Irak-Politik:

"Obwohl vor allem die Kanäle des Regierungschefs alles daran setzen, lassen sich die Italiener den Unterschied zwischen islamistischen Terroristen und irakischen Widerständlern nicht mehr verwischen. Die Menschen sehen, dass die von Italien mitgetragene Intervention im Irak den islamistischen Terrorismus nicht wirkungsvoll bekämpft, sondern erst recht angefacht hat. Und sie erkennen, dass sie - in Geiselhaft Berlusconis - dazu genötigt wurden, dessen verquere außenpolitischen Fantasien mitzutragen."

Zum Treffen zwischen US-Präsident George W. Bush und dem britischen Premierminister Tony Blair in Washington schreibt die FINANCIAL TIMES aus London: Auf ihrer Pressekonferenz hielten Bush und Blair eine Fassade der Einigkeit aufrecht. Beide betonten die Hoffnung, die sie im Irak- Konflikt jetzt auf die Vereinten Nationen setzen. Aber die entschlossene Demonstration der Freundschaft konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zwischen den beiden Politikern Differenzen gibt. Blairs Spielraum für unabhängiges Handeln ist begrenzt. Beide Staaten sind jetzt dazu verdammt, mit den Konsequenzen der Irak-Invasion fertig zu werden."

Die SALZBURGER NACHRICHTEN befassen sich mit der politischen Wende in der spanischen Irakpolitik nach dem vollzogenen Regierungswechsel:

"Die Drohung des neuen Ministerpräsidenten Zapatero, die spanischen Truppen aus dem immer chaotischeren Irak abzuziehen, ist auf der anderen Seite des Atlantiks nicht ohne Echo geblieben: Amerikanische Diplomaten bemühen sich neuerdings wieder um eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, um die Spanier und andere schwankende Verbündete bei der Stange zu halten."

Der politische Wechsel in Spanien ist auch Thema der spanischen Zeitung EL PAIS:

"Im spanischen Parlament herrscht nicht nur eine neue Mehrheit sondern auch ein neues Klima des Respekts. Es wäre gut, wenn diese Atmosphäre die gesamte Legislaturperiode anhielte. Die Debatte über das Regierungsprogramm war ein hoffnungsvoller Anfang. Dies gilt nicht nur für den Regierungschef, den Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero. Auch der neue Oppositionsführer Mariano Rajoy bewies, dass man in der Sache hart und gleichzeitig freundlich im Umgang sein kann. Der Wandel, den wir jetzt im Parlament erlebten, ist im Sinne der großen Mehrheit der Spanier."

Themenwechsel. Mit der jüngsten Wende in der Nahostpolitik der USA befasst sich der Zürcher TAGES-ANZEIGER: "Von einer ehrlichen amerikanischen Maklerrolle beim Friedensprozess im Nahen Osten kann keine Rede mehr sein. (...) Hinter Bushs Einschwenken auf Sharons Linie wird das politische Kalkül seines Wahlkampfstrategen Karl Rove sichtbar. (...) Viel wichtiger für den texanischen Machiavelli und seinen Dienstherrn im Weissen Haus sind evangelikale und fundamentalistische Christen, deren nahezu bedingungslose Unterstützung Israels längst die amerikanische Nahostpolitik beeinflusst. (...) Mit Hosni Mubarak oder Yassir Arafat lassen sich keine amerikanischen Wahlen gewinnen. Mit Ariel Sharons Lächeln womöglich schon."