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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

4. Januar 2004

Frankreichs Einladung an Kanzler Schröder / Krise der Europäischen Union / Serbien-Wahl und die EU

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Die Krise in der Europäischen Union und das angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich auf der einen und den kleineren EU-Staaten auf der anderen Seite - das war eines der Hauptthemen der internationalen Presse in dieser Woche. Im Blickpunkt außerdem die Frage: Was bedeutet der Wahlausgang in Serbien für Europa?

Doch zunächst zur Rolle der Regierungen in Berlin und Paris, die sich in dieser Woche wieder ein Stück näher gekommen sind. Die Einladung an Bundeskanzler Schröder zum 60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie kommentierte das italienische Blatt LA REPUBBLICA:

"Zum ersten Mal wird die Bundesrepublik unter den Ländern aufgenommen, die die Niederlage Nazi-Deutschlands feiern. Es brauchte 60 Jahre, bis es zu dieser Wende kam. Noch vor zehn Jahren war der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl am Strand der Normandie nicht mit dabei, und die ausgebliebene Einladung von Seiten Frankreichs hatte damals auf der anderen Rheinseite nicht gerade wenig Missstimmung ausgelöst."

Die französische Zeitung DERNIÈRES NOUVELLES D'ALSACE erinnerte:

"Vor 20 Jahren gab es den Händedruck zwischen Mitterrand und Kohl in Verdun. Am kommenden 6. Juni wird es ein ähnlich starkes Bild des Paares Chirac und Schröder an den Stränden der Normandie geben. Dieses neue Symbol ist auch ein Zeichen an die Adresse der europäischen Partner, die das deutsch-französische Paar häufig misstrauisch beäugen."

Das gute Verhältnis der beiden Nachbarn dürfe aber nicht zur Bildung einer europäischen Avantgarde führen, betonte die belgische Tageszeitung DE STANDAARD unter Bezugnahme auf Äußerungen des neuen EU-Ratspräsidenten, Ahern:

"Der irisiche Premierminister warnte, Frankreich und Deutschland dürften 'nichts unternehmen, dass die europäische Einheit untergraben würde'. Ahern stellt sich damit in die immer länger werdende Reihe von Gegnern einer europäischen Avantgarde oder Pioniergruppe. Diese Idee wurde offiziell von Frankreich, Deutschland, Belgien und der Europäischen Kommission nach dem Scheitern des EU-Verfassungsgipfels unterstützt. Aber seitdem hat man über die konkreten Pläne dieser Avantgardegruppe nur wenig vernommen."

Europa steckt in einer Identitätskrise, lautete das Urteil des österreichischen KURIERS. Weiter schrieb das Blatt:

"Es geht um die Frage, was Europa sein will: ein Staatenbund oder doch ein Bundesstaat. Nach der nicht beschlossenen Verfassung, wäre Europa ein Staatenbund gewesen - aber mit deutlichen Elementen eines Bundesstaates, etwa bei der zuletzt angeregten Beistandspflicht im Rahmen einer tatsächlichen Außen- und Sicherheitspolitik. Will Europa ein 'global player' sein, ein gleichberechtigter Partner der USA, mus es eine Entwicklung in Richtung Bundesstaat geben. Das heißt: Die Mitgliedsstaaten müssen weitere Souveränitätsrechte abgeben."

Kritisch setzten sich die Kommentatoren mit dem Ausgang der Parlamentswahl in Serbien auseinander. Die französische Zeitung LE FIGARO fand:

"Das Ergebnis der Wahl in Serbien, wo die Ultranationalisten die wichtigste politische Kraft im Parlament stellen werden, muss den Demokraten in Belgrad ein Alarmsignal sein - aber ebenso den den Europäern, die dem Balkan in einem vereinigten und befriedeten Europa einen Platz einräumen wollen. Statt nun zu drohen, Druck auszuüben und zu verurteilen, müsste das Ausland den Serben vielleicht mehr Hilfe zukommen lassen."

Die Serbien-Wahl sei ein schwerer Rückschlag für die EU, urteilten die SALZBURGER NACHRICHTEN, zumal

"die EU nachhaltiger hätte auf die Entwicklung einer demokratischen Kultur in Serbien drängen müssen. Auch die Tatsache, das die EU Kernfragen wie den Status des Kosovo oder die Zukunft des Staatenbundes Serbien-Montenegro in einem Schwebezustand belassen hat, trägt nicht zur Stabilität bei."

Die Redaktion hatte Marko Langer.