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„Internationale Krisengruppe“ fordert Unabhängigkeit für Kosovo

27. Januar 2005

Bislang ist Kosovo ein Stück Land ohne Status. Noch steht es unter Verwaltung der Vereinten Nationen. Doch geht es nach einer internationalen Expertengruppe, könnte Kosovo schon bald ein eigener Staat sein.

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Ob die UN im Kosovo in naher oder ferner Zukunft überflüssig sind?Bild: AP


Noch haben die Vereinten Nationen nicht klar gesagt, was aus dem Kosovo werden soll: ein unabhängiger Staat, zwei geteilte Kleinstaaten oder eine reguläre serbische Provinz. Am Dienstag (25.1.) hat die Nichtregierungs-Organisation "International Crisis Group" auf einer Konferenz in Brüssel ihren Vorschläge über die Zukunft des Kosovo vorgestellt.

Harten Entscheidungen stellen

Und die Experten der "International Crisis Group" haben nicht viele Worte gebraucht, um ihre Empfehlungen für die Zukunft des Kosovo auf den Punkt zu bringen. Nur 37 Seiten lang ist der Bericht mit dem Titel "Kosovo - dem endgültigen Status entgegen". Gareth Evans, Präsident der International Crisis Group, erklärte: „Es ist Zeit, den Staub von dieser Akte zu wischen, und sich einigen sehr harten Entscheidungen zu stellen. Der erste Schritt ist, denke ich, zu erkennen, dass der Status quo einfach nicht mehr länger halten kann."

Deshalb schlägt die Krisen-Gruppe einen konkreten Zeitplan für die Klärung des sogenannten Status-Frage vor, und zwar im Sinne einer Unabhängigkeit des Kosovo. Von Mitte 2006 an soll die Kosovo-Regierung souverän regieren. Internationale Kontrolle soll dann nur noch in Form einer „Kosovo Monitoring Mission", bestehend aus OSZE- und EU-Personal, ausgeübt werden.

Unabhängigkeit in Etappen

Mehrere Etappen sollen zu dieser weitgehenden Souveränität des Kosovo führen. So schnell wie möglich soll ein UN-Sonderbevollmächtigter Gespräche über den Status des Kosovo und über einen entsprechenden Einigungsentwurf - den sogenannten „Kosovo-Accord" - vorbereiten. Darüber hinaus soll bis Herbst 2005 ein Verfassungsentwurf erarbeitet werden. Für Ende 2005 schlägt der Bericht eine große Internationale Konferenz vor, die die Verfassungs- und Einigungsentwürfe bestätigen soll. Und im Frühjahr 2006 sollen die Kosovaren dann in einem Referendum über die Verfassung abstimmen.

Minderheitenschutz gefordert

Dieser Fahrplan kann aber nur gelten, wenn mindestens zwei Forderungen erfüllt werden, betont Gareth Evans: „Keine Form von Teilung des Kosovo ist auch nur im Entferntesten akzeptabel als Baustein einer Abmachung über den endgültigen Status, über die wir hier reden."

Die zweite Bedingung ist der Schutz der Minderheiten im Kosovo, das heißt vor allem der serbischen Minderheit. Auch für Kim Freidberg, Berater des UN-Sonderbeauftragten für die UN-Mission im Kosovo, führt kein Weg daran vorbei: „Wir und die Regierung konzentrieren uns jetzt auf die Hauptprioritäten, das heißt Schutz der Minderheiten im Kosovo, und wenn diese Fragen mit dem Schutz der Minderheiten nicht geklärt sind, dann kommen wir nicht weiter. Die Standards, also die Prioritäten müssen erfüllt werden, bevor wir jetzt in die Richtung Statusgespräche gehen können."

Kritik von serbischer Seite

Insgesamt ist Kim Freidberg sehr angetan von dem Bericht der International Crisis Group. In Pristina will er versuchen, dem vorgeschlagenen Zeitplan zu folgen. Aber der Bericht erregt auch heftigen Widerspruch. Misa Djurkovic vom Institut für Europäische Studien in Belgrad - und nach eigenen Angaben Berater von Serbiens Premierminister Kostunica - kritisierte in der Diskussionsrunde, der Bericht sei einseitig: „Diese ganze Strategie bedeutet eine Verletzung von international anerkannten Dokumenten, wie zum Beispiel der Resolution 1244 (des UN-Sicherheitsrates von 1999), der Schlussakte von Helsinki (von 1975), und sie wird Spannungen und einen Domino-Effekt in der Region auslösen."

Die Experten sind auf Kritik von serbischer Seite vorbereitet. Gleich zu Beginn seiner Rede hatte der Gareth Evans, Präsident der Krisengruppe gesagt, das Statusproblem im Kosovo müsse in jedem Fall gelöst werden - selbst ohne Kritiker wie Serbien oder Russland: „Die wesentliche Botschaft, die die Internationale Gemeinschaft jetzt nach Belgrad senden sollte, ist folgende: dieser Zug fährt ab, mit oder ohne euch!"

Tina Gerhäusser, Brüssel

DW-RADIO, 25.1. 2005, Fokus Ost-Südost