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Thora-Studium an öffentlicher Uni

19. November 2013

Als erste Hochschule in Europa bietet die Universität Potsdam jüdische Theologie als Studienfach an. Damit geht in Deutschland eine über hundert Jahre alte Forderung des Judentums in Erfüllung.

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Die Thora-Rolle in der Synagoge des Abraham-Geiger-Institutes in Berlin: Als Lesehilfe hält eine Person einen silberner Stab (Foto: Marcel Mettelsiefen)
Bild: picture-alliance/dpa

Jüdische Theologie an deutscher Uni

Für manche Juden ist es eine Zeitenwende: Erstmals wird Jüdische Theologie als Studienfach an einer deutschen Universität gelehrt. Die neugegründete Potsdamer "School of Jewish Theology" bietet unter dem Dach der Philosophischen Fakultät einen Bachelorstudiengang, der für jeden offen ist, unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Absolventen, egal ob Mann oder Frau, können auch als Rabbiner oder Kantor ordiniert werden.

Rabbiner Prof. Dr. Walter Homolka (Foto: Abraham Geiger Kolleg)
Erstaunt über das große Interesse an dem neuen Studiengang: Professor HomolkaBild: AGK/Barniske

Emanzipation der Juden in Europa

Für Professor Walter Homolka, Rektor des Rabbinerseminars am Berliner Abraham Geiger Kolleg und Initiator des neuen Studiengangs, geht damit eine Forderung Geigers aus dem Jahr 1838 nach 175 Jahren in Erfüllung: "Erst wenn die Jüdische Theologie gleichberechtigt mit den christlichen Religionen an den Universitäten vertreten ist, ist die Emanzipation der Juden in Deutschland vollendet." Homolka ist einer von sechs Professoren jüdischen Glaubens, die ab diesem Wintersemester in Potsdam unterrichten.

Bundespräsident Joachim Gauck sprach in einem Grußwort anlässlich der Eröffnung von einem "Meilenstein in der Wissenschaftsgeschichte" und in der Geschichte des deutschen und europäischen Judentums. An dem Festakt im Auditorium Maximum der Universität Potsdam nahmen rund 400 Gäste teil, darunter Bundeswissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU), der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Präsident der European Union for Progressive Judaism, Leslie Bergman.

Kritisches Studium der Schriften

Die Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, sagte in ihrer Festrede, das neue Institut schaffe den Ausgangspunkt für eine Begegnung der Religionen auf Augenhöhe. Mit Blick auf Fundamentalismus und Extremismus rief sie zur kritischen Auseinandersetzung mit religiösen Schriften auf: "Gerade deshalb brauchen wir wissenschaftliche Theologie an öffentlichen Universitäten."

Das Institut für jüdische Theologie hat seinen Lehrbetrieb Mitte Oktober aufgenommen. Derzeit sind 47 Frauen und Männer eingeschrieben. Das Interesse an den Studienplätze sei "phänomenal" angesichts der Tatsache, dass es sich um einen kleine Religionsgemeinschaft mit weltweit zehn Millionen Gläubigen handele, sagte Professor Homolka.

uh/qu (dpa/epd)