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Instabilität im Südkaukasus

Ute Schaeffer24. November 2003

Schewardnadse beugte sich dem Druck der Straße und der politischen Opposition im Land. Der Weg für Neuwahlen ist frei. Ein erstaunlich friedlicher Übergang in Georgien - doch wie sieht es in den Nachbarstaaten aus ?

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Blumen für Soldaten - bislang verlief die Revolution in Georgien friedlichBild: AP

Die samtene Revolution in Georgien ist ruhig und ohne Gewalt verlaufen. Das Szenario hätte auch anders aussehen können. Noch zu Beginn der neunziger Jahre befand sich das Land im Bürgerkrieg. Zudem gab es zwei Sezessionskriege - in Südossetien und in der unmittelbar am schwarzen Meer gelegenen abtrünnigen Region Abchasien. Sie erschütterten das Land und schwelen nach wie vor.

Trotz des Rücktritts von Schewardnadse - von politischer Stabilität ist das Land immer noch weit entfernt. Korruption, Vetternwirtschaft und Armut prägen Georgien. Die Wirtschaft liegt am Boden und das Volk hat kein Vertrauen in die politische Klasse. Damit unterscheidet sich Georgien kaum von anderen Staaten im Südkaukasus.

Bedenkliche "Wahlen" im Südkaukasus

In allen drei Staaten im Südkaukasus - Armenien, Aserbaidschan und Georgien - haben in diesem Jahr Wahlen stattgefunden. Und alle diese Urnengänge haben die schweren politischen Defizite in der Region offen gelegt. Die OSZE stellte nach dem Ende der Parlamentswahl in Georgien fest, der Verlauf der Wahl sei nicht geeignet, "die Glaubwürdigkeit in die demokratischen Prozesse zu stärken".

Diese Glaubwürdigkeit erreichten auch die Wahlen in den Nachbarstaaten nicht - weder in Armenien, wo Präsident Robert Kotscharjan nach einem zweifelhaften Wahlkampf im Amt bestätigt wurde, noch in Aserbaidschan. Hier sorgte der autokratisch regierende Präsident Gaidar Alijew dafür, dass der Posten an seinen Sohn Ilham weitergegeben wurde. Friedliche Kundgebungen wurden in Aserbaidschan von Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen. Der Verlauf der Wahl habe eine große Enttäuschung bei den Menschen im Land ausgelöst, meint Leila Alieva, die für das "Zentrum für Nationale und Internationale Studien" in Baku arbeitet. Vor allem, weil die EU auf starke Kritik verzichtet habe.

Konflikte im Überfluss

Europa hat bisher keine klare außenpolitische Strategie gegenüber dem Kaukasus. Dabei gibt es handfeste europäische Interessen, beispielsweise was den Transport von Öl über Aserbaidschan, Georgien und Armenien angeht.

Außerdem gibt es eine Vielzahl von Konflikt- und Krisenherden in der Region. Zum einen stehen alle drei südkaukasischen Staaten als Brückenstaaten zwischen dem Mittleren Osten, Russland und Europa im Fadenkreuz unterschiedlicher Interessen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Konflikte zwischen unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen. Inzwischen destabilisiert vor allem die innenpolitische Entwicklung die Staaten im Südkaukasus.

Konflikte zwischen den Staaten

Auch untereinander sind die Beziehungen konfliktreich: Armenien unterhält zu seinen Nachbarstaaten Aserbaidschan und Türkei keine offiziellen diplomatischen Kontakte und wird von ihnen wirtschaftlich völlig blockiert. Auch deshalb hat Armenien verstärkt die Zusammenarbeit mit Russland gesucht. Dagegen war es zwischen Russland und Georgien im vergangenen Jahr immer wieder zu Spannungen gekommen, weil Moskau Georgien verdächtigte, tschetschenischen Kämpfern Unterschlupf zu gewähren. Doch in der aktuellen innenpolitischen Krise hat sich Russland klug auf die Rolle des Vermittlers zwischen den Fronten beschränkt.

In der ersten Hälfte der neunziger Jahre hat es gerade im südlichen Kaukasus durchaus Ansätze einer echten Demokratisierung gegeben. Inzwischen jedoch haben sich in allen drei Staaten autoritäre Regime etabliert: Die Opposition hat keine finanzielle Basis. Medien und die großen Wirtschaftsunternehmen sind unter Kontrolle des Staates oder dem Staat nahe stehenden Interessengruppen - eine Situation vergleichbar der in anderen osteuropäischen Staaten wie der Ukraine. Deshalb wird nun viel nun von der weiteren Entwicklung in Georgien abhängen.