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Ingenieure sind keine Sprachpuristen

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Deutsche Ingenieure haben weltweit einen guten Ruf. In welcher Sprache sie sich verständigen, ist unwichtig. Am Ende muss das Auto fahren und das Haus stehen, sagt Willi Fuchs vom Verband Deutscher Ingenieure (VDI).

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"Blockbuster" oder "Kassenschlager"? "Airbag" oder "Luftsack"? "Forecast" oder "Vorschau"? Heute benutzen wir viele Wörter, die aus dem Englischen kommen. Besonders in der Welt der Werbetexter, der Unternehmensberater und Banker scheint Deutsch nur noch eine Randnotiz zu sein. Auch in den Ingenieurwissenschaften hat die englische Sprache Einzug gehalten. Von einem Verfall der deutschen Sprache kann dennoch nicht die Rede sein.

Trotz aller Globalisierung wird in vielen deutschen Unternehmen Deutsch gesprochen. Bei Ingenieuren, die beispielsweise für ein mittelständisches Unternehmen arbeiten oder ein kleines Ingenieurbüro führen, ist Deutsch weiterhin die Arbeitssprache.

Englisch wird zur Verkehrssprache

Die Mehrheit der Ingenieure arbeitet heute allerdings mit Kollegen auf der ganzen Welt zusammen oder hat mit ausländischen Kunden oder Tochterniederlassungen zu tun. Hier sind Fremdsprachen gefordert – und zwar nicht nur Englisch.

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Viele Teams bestehen aus Ingenieuren verschiedener Länder: Der Projektleiter ist möglicherweise ein Deutscher, aber in seinem zehnköpfigen Team arbeiten Schweden, Polen und Franzosen; und der Kunde ist vielleicht ein Spanier. Der Einfachheit halber wird Englisch dann sehr schnell zur Verkehrssprache. Das war sicherlich vor 30 oder 40 Jahren noch nicht in diesem Ausmaß der Fall. Manch ein älterer Ingenieur tut sich deshalb heute schwer.

Der Ingenieurnachwuchs ist dagegen gut vorbereitet. Auslandssemester, Fremdsprachenkurse an der Hochschule oder gleich ein zweisprachiges Studium ermöglichen ein sicheres Auftreten auch in einer fremden Sprache. Wie viel Deutsch dann noch gesprochen wird, hängt vom jeweiligen Tätigkeitsfeld und Unternehmen ab. Ganz ohne Englisch geht es meistens nicht mehr. Da unterscheidet sich der Ingenieurberuf aber kaum von anderen akademischen Berufen. Wer die Karriereleiter nach oben klettern will, braucht Fremdsprachenkenntnisse.

Ingenieure wollen Probleme lösen – die Sprache spielt keine Rolle

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Aber deshalb einen Abgesang auf die deutsche Sprache anzustimmen, wäre falsch. Unsere Sprache befindet sich im Wandel. Das ist sie schon immer gewesen. Hieß es im 19. Jahrhundert noch "schrauben – schrob – geschroben", heißt es jetzt eben "schrauben – schraubte – geschraubt". Und das Wort "Computer" hat sich nun mal gegenüber "Rechner" durchgesetzt. Das ist Sprachwandel. Und solange die Mehrheit der Bevölkerung ihn trägt, also aktiv anwendet, ist dies zu akzeptieren. Egal, was Sprachpuristen meinen. Deutsch als Sprache wird deswegen nicht untergehen.

In der täglichen Arbeit der Ingenieure haben solche sprachlichen Feinheiten ohnehin keine Bedeutung. Ingenieure müssen ihr Fachvokabular möglichst auch auf Englisch verstehen und in der Lage sein, mit nichtdeutschen Kollegen Probleme zu lösen. Am Ende muss das Automobil sicher fahren, das Haus bewohnbar sein und die Kaffeemaschine funktionieren. Da ist es irrelevant, ob die Lösung des Problems auf Deutsch, Englisch oder Portugiesisch gefunden wurde.

Die deutsche Sprache wird dem Ingenieurberuf trotz aller Globalisierung erhalten bleiben. Denn eine Million deutscher Ingenieure werden auch in Zukunft nicht ausschließlich englisch miteinander sprechen.

NICHT LÖSCHEN!! Weißzeile für Projekt Sprache von Welt? Streiten über Deutsch
Willi Fuchs (Foto: privat)

Dr. Willi Fuchs, Jahrgang 1957, ist Direktor beim Verband Deutscher Ingenieure (VDI).

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