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Info-Offensive gegen Biosprit-Chaos

8. März 2011

Weiter so wie bisher, aber eine umfassendere und direktere Aufklärung des Autofahrers: Dies ist das eher dürftige Ergebnis des Berliner "Benzingipfels" nach dem großen Desaster bei der Einführung des Biosprits E10.

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Teilnehmer des Benzingipfels in breiter Runde am Konferenztisch (Foto:dapd)
Große Runde des "Benzingipfels" sucht nach Ausweg aus E10-ChaosBild: dapd

Das Wort "gemeinsam" fiel oft in den Stellungnahmen nach dem von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) einberufenen "Benzingipfel" und deutete auf das eigentliche Ziel der Bundesregierung bei dieser Berliner Großkonferenz am Dienstag (08.03.2011) hin: Nach der Serie von Pannen und dem Chaos an den deutschen Tankstellen sollte die Blamage bei der flächendeckenden Einführung des so genannten Biosprits E10 vergessen gemacht werden.

Röttgen endlich mit "seinem Thema" präsent?

Brüderle gestikulierend (r.) mit Röttgen, sich abwendend (Foto:dapd)
Brüderle (r.) ließ diesmal seinem Kabinettskollegen Röttgen den VortrittBild: dapd

Offen blieben dabei viele Fragen des Verbraucherschutzes. Da empfanden einige das Fehlen der zuständigen Ministerin Ilse Aigner (CSU) bei der anschließenden Pressekonferenz als bezeichnend. Das große Wort überließ Brüderle dann seinem Kabinettskollegen Röttgen von der CDU, der als Umweltminister in den letzten Tagen massiver Kritik ausgesetzt war und einen schweren Stand hatte.

Röttgen berichtete von einem Schulterschluss aller Beteiligten in dem gemeinsamen Ziel, an der E10-Strategie festzuhalten und den Biosprit in Deutschland durchzusetzen. Es folgten die entsprechenden Bekenntnisse von Mineralölwirtschaft, Autoindustrie, Agrarwirtschaft und Automobilverbänden.

Klarheit an der Tankstelle?

Vereinbart wurde laut diesen Bekundungen eine breit angelegte Informationskampagne. Priorität ist, beim Autofahrer an der Zapfsäule Akzeptanz für den neuen Treibstoff mit dem zehnprozentigen Ethanolanteil zu schaffen. Umfassend soll beim Tanken oder in der Werkstatt über die Verträglichkeit des Sprits aufgeklärt werden.

Röttgen verteidigte den Kurs der Regierung, E10 als Ersatz für Rohöl und als Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz zu fördern. Es gehe darum, die Abhängigkeit vom Öl zu vermindern. Er verwies dabei auf die derzeitigen Unsicherheiten am internationalen Rohölmarkt als Folge der Libyen-Krise.

Bittere Vorwürfe von SPD und Grünen

Portrait Trittin (Foto:ap)
Wirft Umweltminister Röttgen Versagen vor: Fraktionschef Trittin von den GrünenBild: picture-alliance/dpa

Die Opposition von SPD und Grünen bekräftigte ihre Forderung nach rascher Umstellung auf Elektroautos und Hybrid-Technologie. Röttgen warf sie Versagen vor, auch weil er die Initiative in der Auseinandersetzung mit der Industrie und für den "Benzingipfel" seinem Kollegen Brüderle überlassen hatte. So beklagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin bei "Spiegel online": "Obwohl Klimaschutz zu Norbert Röttgens Kernaufgaben gehört, ist er im Konflikt um E10 ein Totalausfall". Der CDU-Politiker sei im aktuellen E10-Chaos "komplett abgetaucht" und habe "innerlich schon abgedankt".

Röttgens Amtsvorgänger, SPD-Chef Sigmar Gabriel, sagte MDR Info, keines der Argumente der Regierung in der Diskussion sei neu. Auch die abzusehende Verunsicherung der Verbraucher hätte ihn 2008 bereits bewogen, die damalige Einführung von E10 zu stoppen. Statt weiter auf Biokraftstoffe zu setzen, sei es klüger, die Elektromobilität voranzutreiben und das Thema Wasserstoff weiter voranzubringen.    

Als ein Grund für die Absatzkrise wird genannt, dass Autokonzerne keine Garantie für langfristige Schäden durch E10 übernehmen. Fast drei Millionen Autos sollen E10 nicht vertragen. Widersprüchliche Aussagen auch von Experten haben dazu geführt, dass auch Millionen Fahrer mit E10-tauglichen Autos auf "Nummer sicher" gehen und auf das acht Cent teurere Super Plus ausweichen.    

E10-Lager sind voll

Symbolbild: Roter Benzinkanister vor gelbem Rapsfeld (Foto: Archiv)
Getreideanbau nur noch für Sprit? Befürchtet wird, dass Lebensmittel damit noch teurer werdenBild: Fotolia/Günter Menzl

E10 wurde bisher an rund 7.000 der bundesweit 15.000 Tankstellen eingeführt. Da Raffinerien auf vollen E10-Tanks sitzen, wurde die Einführung an weiteren Orten vorerst gestoppt. Die Einführung geht auf die Biosprit-Richtlinie der EU von 2009 zurück - allerdings schreibt die EU nur vor, dass bis 2020 zehn Prozent der im Transportsektor verbrauchten Energie erneuerbar sein muss. Wie das Ziel erreicht wird, ist Sache der jeweiligen Regierungen.

Zum Auftakt des Benzingipfels demonstrierten Umwelt- und Verbraucherorganisationen gegen den Biosprit. Sie sind der Ansicht, mit dem Anbau dazu benötiger Pflanzen werde die Produktion von Lebensmitteln verdrängt. Folge sei eine Verteuerung von Nahrungsmitteln und eine Zunahme des Hungers in der Welt.

Autor: Siegfried Scheithauer (dapd,rtr,dpa)
Redaktion: Sabine Faber