Indonesiens langer Weg zur Einheit
17. August 2005Es kann ein Zufall sein, dass die Unterzeichnung des Friedensabkommens für Indonesiens Krisenprovinz Aceh in direktem zeitlichen Zusammenhang mit dem 60. Unabhängigkeitstag des Landes stattfand. Die Symbolik ist dennoch nicht zu übersehen. Einheit in der Vielfalt des Vielvölkerstaates, religiöse Toleranz, ein gemeinsamer Wohlstand - das waren die zentralen Grundlagen der Staatsphilosophie des charismatischen Staatsgründers Sukarno vor 60 Jahren. An der Einheit fehlt es noch heute - vor allem auf den äußeren Inseln des Archipels, wo es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen kommt.
Eine brüchige Klammer
Die gemeinsame koloniale Vergangenheit war allenfalls eine brüchige Klammer, um den multiethnischen Staat auf Dauer zusammenzuhalten. Vor allem, weil die Idee der indonesischen Staatsphilosophie eines friedlichen Miteinanders der Völker und Religionen in den vergangenen Jahrzehnten nicht mit Leben erfüllt wurden. Dreißig Jahre lang herrschte bis Ende der neunziger Jahre faktisch das Militär unter Führung des Generals Suharto: ein Beispiel für viele Fehlentwicklungen dieser Zeit in den Entwicklungsländern. Allein die pro-westliche Einstellung reichte in Zeiten des Ost-West-Konflikts um einen Machthaber zum Verbündeten zu machen.
Miss- und Vetternwirtschaft
Unter Suharto wurde Indonesien zu einem der korruptesten Länder der Welt. Durch ein Umsiedlungsprogramm von Menschen aus dem überbevölkerten Java auf die äußeren Inseln wurden viele Grundlagen für die heutigen ethnischen Konflikte gelegt. Misswirtschaft und Nepotismus beschleunigten die wirtschaftliche Talfahrt im Rahmen der Wirtschaftskrise in Asien.
Der Schritt zu Groß-Demokratie
Suhartos demokratische Erben haben es nicht leicht: ein Verwaltungsapparat, der nur mit Schmiergeld funktionierte, eine korrupte Justiz, Armut und ungelöste ethnische Konflikte - vor dem Hintergrund dieser explosiven Mischung begann Ende der neunziger Jahre der Demokratisierungsprozess. Dass Indonesien heute die drittgrößte Demokratie der Welt ist, ist aber kein Verdienst seiner westlichen Partner, die jahrelang auf den Militärmachthaber Suharto gesetzt hatten.
Verteilung des Reichtums
In einer Zeit, in der Krieg und Terror den Dialog mit der islamischen Welt überschatten, kehrt das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt zur Demokratie nach westlichem Vorbild zurück. Die meisten ethnischen Konflikte in Indonesien haben ökonomische Wurzeln. Auch in Aceh ging es in erster Linie um die Verteilung des natürlichen Reichtums. Die Lösung dieser Probleme stellt für die Regierung Indonesiens die bedeutendste Herausforderung für jetzt und für die Zukunft dar.