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Top-Terrorist Santoso getötet

Thomas Latschan20. Juli 2016

Santoso, der meistgesuchte Islamist Indonesiens, ist von Sicherheitskräften auf der Insel Sulawesi getötet worden. Er hatte dem "IS" die Treue geschworen und mit seiner Miliz mehrere Anschläge in Indonesien verübt.

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Indonesiens meistgesuchter Islamist Santoso getötet (Foto:REUTERS)
Bild: Reuters/Antara Foto/Zainuddin MN

Zum Schluss wurde die Schlinge immer enger – zu eng für den meistgesuchten Terroristen Indonesiens. Monatelang hatten Spezialeinheiten den bergigen Dschungel Zentralsulawesis durchkämmt. Immer mehr Angehörige von Armee und Polizei nahmen an der Anti-Terror-Operation teil. Zum Schluss sollen mehr als 3.000 Sicherheitskräfte den Terroristen "Santoso" eingekesselt haben. Bei einem Feuergefecht am Montagabend wurde der Anführer der so genannten "Ostindonesischen Mujahiddin" (Mujahidin Indonesia Timur, MIT), der sich selbst auch "Abu Wardah" nannte, getötet. Mittlerweile haben sowohl mehrere ehemalige Weggefährten als auch die Ehefrau den Leichnam eindeutig identifiziert. Indonesiens Behörden feiern den Tod des Milizenführers als entscheidenden Schlag gegen die terroristische Szene des Landes.

Terrorist mit Bekenntnis zum IS

Santoso war der meistgesuchte Terrorist Indonesiens. Seine Miliz MIT war verantwortlich für eine ganze Reihe von Anschlägen, die sich oft zielgerichtet gegen Polizisten und Sicherheitsbehörden richteten. Im Juli 2013 posierte Santoso langhaarig und schwerbewaffnet in einem Youtube-Video, in dem er die indonesische Antiterroreinheit "Detachment 88" als "Satan" bezeichnete, den es zu bekämpfen gelte. Santoso selbst dürfte sich spätestens nach dem Sturz des indonesischen Diktators Suharto 1998 radikalisiert haben. In den Folgejahren beteiligte er sich an bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen Christen und Muslimen in der Provinz Poso, im Norden Sulawesis. Beeinflusst wurde Santoso wohl vom mittlerweile inhaftierten radikalen Geistlichen Abu Bakar Baschir, der unter anderem hinter den Terroranschlägen von Bali 2002 stecken soll.

Indonesien Sulawesi Poso Polizei Schießerei mit Santoso Rebellen (Foto:imago)
Zwischenzeitlich waren 3.500 Sicherheitskräfte an der Jagd auf Santoso beteiligtBild: Imago/ZUMA Press

Wie Baschir bekannte sich auch Santoso im Jahr 2014 zum sogenannten Islamischen Staat. Über 100 Extremisten soll seine Miliz in den letzten zehn Jahren im unzugänglichen Dschungel von Sulawesi trainiert haben, darunter auch mehrere aus China stammende muslimische Uiguren. Auch Kontakte zu indonesischen IS-Kämpfern in Syrien werden dem Milizenführer nachgesagt. "In Zentralsulawesi ist die Landschaft sehr unübersichtlich", erklärt Andreas Ufen, Indonesien-Experte am Hamburger GIGA-Institut, "außerdem erhielt Santoso wohl auch Rückhalt von der lokalen Bevölkerung". Aus beiden Gründen hatte sich der Islamist so lange in einem relativ kleinen Gebiet verstecken können.

In den vergangenen Monaten geriet die MIT jedoch immer mehr unter Druck. Nach einem Anschlag in Jakarta im Januar, für den der IS die Verantwortung übernommen hatte, intensivierten Indonesiens Sicherheitskräfte ihre Antiterroreinsätze auf Sulawesi. Diese ließen die Gruppe immer weiter schrumpfen. Heute sollen offiziellen Angaben zufolge höchstens noch 20 Mitglieder der Miliz auf freiem Fuß sein. "Die Gruppe ist offensichtlich stark geschwächt, jetzt da wir ihren Anführer getötet haben", erklärte Indonesiens Polizeichef Tito Karnavian. Die MIT habe die Provinz Poso in einen "sicheren Hafen" und eine regionale Machtbasis für Dschihadisten umwandeln wollen. "Mit der Zerschlagung der Terrorgruppe haben wir den Extremisten diese Hoffnung endgültig nehmen können", erklärte Karnavian weiter.

Furcht vor Racheakten

Santosos Tod sei ein wichtiger Schritt im indonesischen Antiterrorkampf, weil "es niemanden gibt, der so sehr als symbolisches Zentrum der Gotteskrieger in Indonesien gilt wie er", analysiert die Extremismusforscherin Sidney Jones, Direktorin des Institute for Policy Analysis of Conflict in Jakarta. Nicht zuletzt deshalb hatte Indonesiens Präsident der Ergreifung Santosos höchste Priorität eingeräumt. Auch das US State Department hatte ihn im März 2016 als international gefährlichen Terroristen eingestuft. Sidney Jones glaubt jedoch, dass die Gefahr weiterer Anschläge in Indonesien trotz der jüngsten Entwicklungen unverändert hoch bleibt. "Die Hauptgefahr terroristischer Anschläge geht ja nicht vom Dschungel in Poso aus“, so Jones, "sondern von Dschihadistenzellen in den großen Städten, besonders auf Java. Diese könnten Santosos Tod mit neuen Attentaten rächen wollen."

Indonesien Selbstmordanschlag in Solo (Foto:REUTERS)
Soantosos Terrorgruppe MIT hatte vor allem Anschläge auf Polizeistationen und Sicherheitsbeamte verübt.Bild: Reuters/Antara Foto/M. Surya

Andreas Ufen vom Hamburger GIGA-Institut glaubt jedoch nicht, dass sich die Sicherheitslage in Indonesien in Folge von Santosos Tod deutlich verändert hat: "Santoso war trotz allem nur einer von vielen, und es ist jetzt nicht zu erwarten, dass die extremistischen Strukturen in Indonesien durch seinen Tod wesentlich beeinflusst werden." Dafür sei die terroristische Szene in Indonesien zu stark zersplittert, gebe es zu viele kleine Zellen, die unabhängig voneinander arbeiten würden. "Natürlich gibt es jetzt Befürchtungen, dass es zu einzelnen Racheakten kommen könnte, aber auf lange Sicht sehe ich nicht, dass durch Santosos Tod der islamistische Terrorismus in Indonesien stärkeren Zulauf bekommen könnte."