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Indonesien braucht jetzt Solidarität und Unterstützung

Sybille Golte-Schröder 2. Oktober 2005

Dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt stehen nach den Anschlägen vom Samstag erneut schwere Zeiten bevor. Ein Kommentar von Sybille Golte-Schröder.

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Die Straßen in Bali waren belebt - die Restaurants gut gefüllt. Fast drei Jahre hatte es gedauert, bis sich die Wunden des verheerenden Bombenanschlags im Oktober 2002 geschlossen hatten und im Bilderbuch-Ferienparadies wieder touristischer Alltag eingekehrt war. Wer auch immer den Schauplatz des erneuten Terrorakts

ausgesucht hat - er konnte sich der Wirkung sicher sein, die Schockwellen des Attentats werden weit über die Detonationskraft der Bomben hinausgehen.

In den vergangenen Monaten hatte es oft Warnungen vor neuen Anschlägen gegeben: mal kamen sie aus Australien - mal aus den USA. Und auch die indonesischen Behörden kannten die Gefahr: zwei Malaysier, Experten im Bombenbau und vermutlich für mehrere Anschläge der letzten Zeit verantwortlich, sind trotz intensiver Fahndung noch immer auf freiem Fuß.

Kein Versagen der Behörden

Dennoch wäre es vollkommen falsch, den Behörden Versagen vorzuwerfen oder gar zu vermuten, es gäbe in der muslimischen Bevölkerung irgendeine Form von Toleranz oder Verständnis für Terrorakte. Das Gegenteil ist der Fall: Indonesien ist seit dem Sturz des Diktators Suharto 1998 ein weltoffenes und demokratisches Land geworden - keine der Tausenden von Inseln symbolisiert diese Offenheit und Toleranz der indonesischen Gesellschaft so wie das Urlauberparadies Bali.

In Balis Tourismuszentren geht es so international, liberal und multikulturell zu, wie an Londons U-Bahnhöfen, wie in New York oder auf dem Bahnhof der spanischen Hauptstadt Madrid. Und genau das macht das Land verwundbar für grenzüberschreitend agierende Bombenleger und ihre Helfershelfer. In einer offenen Gesellschaft und einer global vernetzten Welt können die Täter jederzeit zuschlagen, in Asien, Europa oder wo auch immer.

Großes Konfliktpotenzial

Das ist mittlerweile hinlänglich bekannt, doch eine grenzüberschreitende Strategie gegen die Bombenleger gibt es noch nicht. Aber nicht nur im Bereich der Terrorismusbekämpfung müssen alle betroffenen Länder in Zukunft noch enger zusammenarbeiten. Indonesien braucht Solidarität und Unterstützung - gerade jetzt.

Der rasante Anstieg der Erdölpreise in den letzten Wochen hat das Land ohnehin in eine schwere Krise getrieben. Am Vorabend des Bombenanschlags demonstrierten Zehntausende gegen den von der Regierung verordneten Anstieg der Benzinpreise, die bislang von der Regierung massiv subventioniert wurden. Indonesiens Konfliktpotenzial ist groß, massive Unterschiede zwischen Arm und Reich zählen dazu, ebenso wie eine von Korruption zerfressene Verwaltung und ungelöste Konflikte in den äußeren Provinzen.

Präsident geht in die richtige Richtung

Der demokratisch gewählte Präsident Susilo Bambang Yudhoyono hat all diesen Missständen den Kampf angesagt - genauso übrigens wie dem Terrorismus - und ist dafür von einer großen Mehrheit der Bevölkerung gewählt worden. Er hat viele Schritte in die richtige Richtung eingeschlagen, aber weit ist er dabei noch nicht gekommen. Der nach dem neuen Anschlag zu befürchtende Einbruch im Tourismus, einer wichtige Devisenquelle, kann seine Position weiter schwächen.

Sollten seine undemokratischen Widersacher vor diesem Hintergrund Oberwasser bekommen, hätte das Folgen, die weit über einen Terroranschlag hinausgehen: Indonesiens Synthese von Demokratie in einem muslimischen Land hat Modellcharakter. Grund genug für internationale Unterstützung - nicht nur bei der grenzüberschreitenden Fahndung nach Bombenlegern.