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Indianische Sex-Sklavinnen fordern Sühne

2. Februar 2016

Der Prozess ist ein Meilenstein: Bisher mussten sich Militärs in Guatemala nicht für sexuelle Verbrechen an Frauen verantworten. Doch jetzt dreht sich der Wind - dank einer Anwältin, die für die Opfer kämpft.

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Die Opfer im Gerichtssaal (Foto: JOHAN ORDONEZ/AFP/Getty Images)
Verhüllt: Die Opfer im GerichtssaalBild: AFP/Getty Images/J. Ordonez

Erstmals stehen in Guatemala ehemalige Militärs wegen Massenvergewaltigungen von indianischen Frauen während des Bürgerkriegs vor Gericht. In Guatemala-Stadt begann der Prozess gegen die ehemaligen Militärangehörigen Francisco Reyes und Heriberto Valdez Asij. Sie sind angeklagt, 15 Frauen in der Armeebasis "Sepur Zarco" im Osten des Landes selbst vergewaltigt oder Untergebenen eine Vergewaltigung erlaubt zu haben. 1982 wurden die Frauen zu dem Militärstützpunkt verschleppt. Deren Männer hatten die Militärs vorher gewaltsam verschwinden lassen.

Die Vorwürfe wiegen äußerst schwer: Die meisten Frauen seien über ein halbes Jahr hinweg regelmäßig von Soldaten sexuell misshandelt worden. Einige hätten sogar bis zur Schließung des Lagers 1998 den Missbrauch ertragen müssen. In Protokollen, die dem Gericht vorliegen, hatten die Opfer ihre Qualen geschildert. Sie erklärten, dass sie für die Soldaten kochen und putzen mussten. Gleichzeitig erlebten sie systematische sexuelle Gewalt.

"Vergewaltigung wie eine Kriegswaffe benutzt"

Staatsanwältin Hilda Pineda hielt Oberst Reyes als ranghöchstem Offizier des Camps vor, den massenhaften Missbrauch gestattet zu haben. Dem zweiten Angeklagten, Valdez Asij, warf sie vor, für das Verschwindenlassen von Menschen und sexuelle Gewalt in mehreren Fällen verantwortlich zu sein.

Die Armee habe Vergewaltigungen wie eine Kriegswaffe benutzt, um Gegner zu erniedrigen oder zu töten, sagte die Staatsanwältin. Beide Angeklagte wiesen die Vorwürfe zurück und verweigerten die Aussage. Ihr Anwalt warf dem Gericht Befangenheit vor.

Erinnerungen an die Qualen

Die Opfer im Gerichtssaal (Foto: JOHAN ORDONEZ/AFP/Getty Images)
Streiten für Gerechtigkeit: Die Gruppe indigener Frauen verfolgt das VerfahrenBild: AFP/Getty Images/J. Ordonez

Elf der Opfer waren zum Prozessbeginn erschienen. Sie hatten ihr Gesicht verhüllt. Der Prozess ist für sie eine doppelte Strapaze: einmal, weil ihre Erinnerungen an die Qualen wieder hochkommen, aber auch deshalb, weil alle Opfer Analphabetinnen sind und kein Spanisch sprechen.

Die Frauen werden von der Menschenrechtsanwältin Paula Barrios vertreten, die bereits zahlreiche Fälle von Vergewaltigungen durch Militärangehörige während des Bürgerkriegs dokumentiert hat. Bereits 2011 machte Barrios Fälle von "Sepur Zarco" öffentlich. Auch zahlreiche internationale Beobachter wie die Botschafter aus den USA und Deutschland, Todd Robinson und Matthias Sonn, waren im Gericht.

45.000 Menschen vermisst

Der Prozess ist ein Meilenstein, denn bislang mussten sich guatemaltekische Militärangehörige nicht für sexuelle Verbrechen an Frauen verantworten. Während des Bürgerkrieges in Guatemala von 1960 bis 1996 wurden insgesamt 200.000 Menschen getötet, 45.000 gelten immer noch als vermisst. Menschenrechtsprozesse wie gegen den Diktator Efraín Ríos Montt ziehen sich bereits seit Jahrzehnten hin.

jj/uh (epd, afp, ape)