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In Österreich werden Soldaten zu Grenzern

2. April 2016

Um seine Landesgrenzen besser zu schützen, geht Österreich nun einen Schritt weiter. Soldaten sollen gemeinsam mit Grenzschützern patrouillieren. Wien sieht darin auch ein Modell für die europäische Agentur Frontex.

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Österreichisch-ungarische Grenze Soldat Foto: picture alliance/APA/picturedesk.com/E. Scheriau
Bild: picture alliance/APA/picturedesk.com/E. Scheriau

"Da die EU-Außengrenzen derzeit noch nicht effektiv geschützt werden, wird Österreich in Kürze strikte Grenzkontrollen hochziehen. Das bedeutet massive Grenzkontrollen am Brenner, auch mit Soldaten", sagte der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) der "Welt".

Zivil-militärische Kooperation

Es müsse auch "im vitalen Interesse Deutschlands" sein, dass der Außengrenzschutz funktioniere. Das Militär könne beim Grenzschutz unterstützen, aber auch bei der Registrierung, im humanitären Bereich oder bei Rückführungen. Doskozil forderte, künftig Soldaten stärker einzubinden: "Wir schlagen eine zivil-militärische EU-Mission zur Unterstützung von Frontex vor und zwar dort, wo es an den EU-Außengrenzen notwendig ist. Das kann in Griechenland, Bulgarien oder auch in Italien sein." Die Regierung in Wien wolle den Vorschlag für eine zivil-militärische Mission demnächst in Brüssel präsentieren.

Schleppern soll Arbeit erschwert werden

Doskozil begründete das Vorgehen Österreichs damit, dass durch das EU-Türkei-Abkommen viele Flüchtlinge zunehmend Ausweichrouten nehmen würden: "Wir erwarten eine starke Nutzung der zentralen Mittelmeerroute in den kommenden Wochen." In diesem Jahr seien 14.600 Flüchtlinge über diese Route nach Europe gekommen, das seien 44 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Wenn das Wetter besser werde, würden diese Zahlen stark ansteigen. Die Schlepperorganisationen bereiteten sich darauf vor.

Unterdessen plant Deutschland im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens einem Medienbericht zufolge zunächst 1600 Flüchtlinge aus der Türkei aufzunehmen. Bei Bedarf werde die Bundesregierung weitere 13.500 Plätze bereitstellen, meldete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf das Bundesinnenministerium. Bereits am Montag könnten die ersten Flüchtlinge eintreffen. Es werde zunächst eine niedrige bis mittlere zweistellige Anzahl von Personen aufgenommen, zitierte die Zeitung einen Ministeriumssprecher.

Start der Rückführung

Die EU und die Türkei hatten Mitte März vereinbart, dass alle ab dem 20. März in Griechenland illegal ankommenden Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden. Zuvor müssen diese registriert und ihre Asylanträge aufgenommen werden. Die eigentlichen Rückführungen sollen am 4. April starten. Im Gegenzug hat die EU zugesagt, syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei zu übernehmen.

Angespannte Lage in den Lagern

Allerdings ist vor dem für Montag geplanten Beginn der Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei die Lage auf den griechischen Inseln angespannt. Auf der Insel Chios waren nach blutigen Auseinandersetzungen zwischen Syrern und Afghanen zwei Männer mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gekommen. Die Hilfsorganisation "Ärzte der Welt" zog ihr Team zunächst aus dem Lager ab. Bei den Krawallen war auch das Zelt zur medizinischen Versorgung der Flüchtlinge zerstört worden. Das Lager auf Chios ist für 1200 Menschen ausgelegt, Berichten zufolge waren es zuletzt 1500.

Griechische Polizei reagiert zurückhaltend

Die Behörden auf Chios forderten von Athen Bereitschaftspolizisten zur Verstärkung, weil es mittlerweile fast jeden Tag Ausschreitungen gibt. Journalisten haben keinen Zutritt mehr zu den Registrierungszentren - schon gar nicht auf den Inseln, wo die Migranten seit Inkrafttreten des Flüchtlingspakts am 20. März quasi inhaftiert werden. Auch im Lager von Idomeni im Norden des Landes reicht nach Einschätzung griechischer Medien ein Funke, um die explosive Lage zu entzünden. Die griechische Polizei zeigte sich insgesamt extrem zurückhaltend, selbst wenn sie von den Menschen attackiert wird.

Griechenland Flüchtlinge auf Chios Foto: picture-alliance/dpa/EPA/O. Panagiotou
Die Lage in den griechischen Flüchtlingslagern, wie hier auf Chios, wird immer komplizierterBild: picture-alliance/dpa/EPA/O. Panagiotou

Vor dem geplanten Beginn der Abschiebungen hatte das griechische Parlament im Eilverfahren den Weg für die Rückführung von Migranten in die Türkei freigemacht. Das Gesetz zur Umsetzung des Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei wurde erst am Freitag mit klarer Mehrheit verabschiedet. 169 Abgeordnete votierten dafür, 107 dagegen, wie das Parlamentspräsidium mitteilte. Für jeden Syrer, den die EU abschiebt, soll ein anderer Syrer auf legalem Wege in die EU kommen - die Union rechnet mit bis zu 72.000 Personen. Davon sollen weniger als 16.000 auf Deutschland entfallen. Alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März illegal nach Griechenland übergesetzt sind, sollen zwangsweise zurückgebracht werden können.

Kritik vom UNHCR

Menschenrechtsorganisationen sehen die Vereinbarung äußerst kritisch. Nach einem Bericht von Amnesty International soll die Türkei in den vergangenen Wochen massenhaft Flüchtlinge aus Syrien in das Bürgerkriegsland abgeschoben haben. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) appellierte an die Beteiligten des EU-Türkei-Pakts, vor dessen Umsetzung alle erforderlichen Schutzmaßnahmen für die betroffenen Menschen zu garantieren. Dies sei längst noch nicht der Fall, kritisierte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming in Genf.

cgn/ml (dpa, rtr)