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In Ägypten hat Terrorismus Tradition

Peter Philipp17. August 2005

In Ägypten hat der militante Kampf von Terroristen und Selbstmord-Attentätern gegen die Regierung und gegen Touristen lange Tradition. Von den Bombenwerfern ist der Weg zu Osama bin Laden nicht weit.

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Vor den Trümmern des Anti-Terrorismus-Kampfes in ÄgyptenBild: dpa
Osama bin Laden
Weltweit gesucht: Top-Terrorist Osama bin Laden (Archiv-Foto)Bild: AP/APTN

Wenn man in Saudi-Arabien das Gespräch auf Osama Bin Laden bringt, dann dauert es nicht lange, bis einem versichert wird, der El-Kaida-Chef sei erstens seit Jahren kein Saudi mehr, zweitens aber – und überhaupt – sei seine radikale Ideologie ja doch das Machwerk von Ayman el Zawahiri. Und der sei Ägypter. Der islamistische Terror habe seinen Ursprung am Nil und nicht in den konservativen wahabitischen Kreisen Saudi-Arabiens.

Was zunächst wie ein Versuch aussieht, die Dinge schön zu reden, hat einen harten Kern der Wahrheit: Seit dem frühen 20. Jahrhundert hat Ägypten die Grundlage für das geschaffen, was heute islamistische Terrorgruppen wie El Kaida inspiriert. Den wichtigsten ersten Schritt unternahm in den zwanziger Jahren Hassan el Banna mit der Gründung der "Moslembruderschaft". Die "Ikhwan" widersetzten sich dem Einfluss der Kolonialmächte in der arabischen Welt und sie forderten eine islamisch geprägte Gesellschaft. Sie wurden nicht nur von den Kolonialmächten unterdrückt und verfolgt, sondern auch von den Regimen, die nach dem Ende der Kolonialzeit an die Macht kamen.

Im Untergrund

Unter Präsident Gamal Abdel Nasser etwa wurden die Moslembrüder verboten und ihr damaliger ideologischer Vordenker, Sayid Qutb, wurde 1966 auf Nassers Befehl hingerichtet. Qutb hatte bereits Gewalt gepredigt, seine Anhänger sahen in der Hinrichtung ihres Idols eine Bestätigung dafür, dass die Regime nur mit Gewalt bekämpft werden können. Die Militanten gingen in den Untergrund und formierten sich – neben den "Moslembrüdern" auch noch in verschiedenen gewaltbereiten Gruppen.

Eine besondere Herausforderung für diese Gruppen war einerseits der Camp David-Friedensvertrag, den der damalige ägyptische Präsident Anwar el Sadat 1979 mit Israel schloss. Zum zweiten aber der Einmarsch der Sowjets in Afghanistan im selben Jahr: In Ägypten selbst führte der Hass auf den "Verräter" Sadat zu dessen Ermordung im Oktober 1981. Der Haupttäter und mehrere Komplizen wurden vor Gericht gestellt und hingerichtet, der ideologische "Vater" des Attentats aber entkam nach Afghanistan: Ayman el Zawahiri, der aus einer der "besseren" Familien stammte, fand am Hindukusch Gleichgesinnte aus der ganzen arabischen Welt, die dort gemeinsam gegen die Sowjets kämpften – ironischerweise mit amerikanischer Unterstützung. Einer seiner Mitstreiter war ein junger, aber steinreicher Saudi: Osama Bin Laden.

Heimkehr der Terroristen

Frieden zwischen Israel und Ägypten
Anwar el Sadat (l.), der damalige U.S. Präsident Jimmy Carter (m.) und der damalige israelische Premierminister Menachem Begin am 26. März 1979 bei der Besiegelung des Camp-David-Friedensvertrags (Archiv-Foto)Bild: AP

Nach der Vertreibung der Sowjets kehrten viele der "Afghanen" – wie die arabischen Afghanistankämpfer genannt wurden, in ihre Heimatländer zurück. So auch nach Ägypten und Algerien. Und in beiden Ländern setzte daraufhin verstärkter Terror gegen die regierenden Regime ein: Terror, der vor nichts zurückschreckte und in erster Linie Unschuldige traf, in Algerien einfache Bürger, in Ägypten immer wieder Touristen.

Das Ziel in Ägypten war klar: Der Tourismus sollte geschlagen werden um die Regierung zu treffen. Der Fremdenverkehr ist Devisenbringer Nummer eins und wenn der für längere Zeit wegfällt – wie es nach größeren Terroranschlägen immer wieder geschah – dann verschlechterte sich die Wirtschaftslage. Und die Täter hofften offenbar, dass die notleidende Bevölkerung sich dann verstärkt gegen die Regierung stellen würde.

Provokationen

Die Bevölkerung tat das nicht. Und die Sicherheitskräfte hatten den Terrorismus in den letzten Jahren weitgehend unterbunden und beendet. Gleichzeitig aber ist eine verstärkte Hinwendung zur Religion – und da auch zu radikalen Strömungen – zu beobachten und dies hat in Verbindung mit den aktuellen Ereignissen der vergangenen Jahre zu einer neuen Radikalisierung geführt. Frustrierte, irregeleitete und auch ideologisiert-fanatische junge Leute gibt es in Ägypten wie überall in der arabischen und auch muslimischen Welt. Ebenso wie es nicht an Provokationen fehlt – von Gaza bis Guantànamo und von Kabul bis Rabat. Da werden Anschläge wie vom 11. September oder auch Madrid und London leicht zum Vorbild, wie man es "dem Westen" heimzahlen kann. Und wenn schon nicht "dem Westen", dann doch seinen "Statthaltern" in der arabischen Welt: In Ägypten der Regierung Mubarak.