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In Polen in den Jahren des Stalinismus fast 5000 Todesurteile gefällt

17. Januar 2003

- Institut für Nationales Gedenken untersucht Verbrechen der Justiz

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Krakau, 16.1.2003, DZEINNIK POLSKI, poln.

In der Zeit des Stalinismus wurden in Polen etwa 5 000 Todesurteile verhängt. Etwa die Hälfte der Urteile wurde auch vollstreckt. Dies geht aus den neusten Feststellungen der Historiker des Institutes für Nationales Gedenken (IPN) hervor.

In der Ausgabe des "Bulletins des Institutes für Nationales Gedenken" vom November 2002 wurde ein Interview mit Krzysztof Szwagrzyk und Jan Zaryn vom IPN über die Todesurteile in der Zeit des Stalinismus veröffentlicht, die von den polnischen Gerichten in den Jahren 1944 bis 1956 verhängt wurden.

"In der jetzigen Phase der Ermittlungen nehmen wir an, dass die Zahl der Todesurteile in dieser Zeit nicht weniger als 5 000 betrug. Wir betrachten diese Zahl jedoch mehr als einen Ausgangspunkt und nicht als eine endgültige Bilanz," sagt Krzysztof Szwagrzyk (...)

Ferner betont er, dass fast 70 Prozent aller Todesurteile im Nachkriegspolen im Jahre 1948 gefällt wurden. "In dieser Zeit waren die meisten Richter und Militärstaatsanwälte sowie zivile Staatsanwälte an den Gerichten Absolventen polnischer Hochschulen, die ihren Abschluss noch vor dem Zweiten Weltkrieg gemacht hatten. Während der Untersuchungen stellte ich eine nicht geringer Zahl von Personen fest, die während der deutschen Okkupation der Landesarmee (Armia Krajowa unter der Führung der Londoner Exilregierung – MD.) angehörten.

Die meisten Menschen, die damals im Gerichtwesen und bei der Staatsanwaltschaft gearbeitet haben, zeichneten sich durch einen schwachen Charakter aus und strebten nach Macht und Beförderungen, die von der ‘Volksmacht‘ für ‘ gewisse Flexibilität‘ verliehen wurden", sagt Krzysztof Szwagrzyk und fügt hinzu, dass Richter Tadeusz Piasecki aus Wroclaw (Breslau) zu jedem Todesurteil sein eigenes "Votum Separatum" hinzufügte. "Jedem Richter wurde auch damals die Möglichkeit offen gelassen, seine abweichende Meinung zu äußern", behauptet Krzysztof Szwagrzyk.

Bisher wurde in Polen noch kein Richter oder Staatsanwalt wegen eines "Gerichtsmordes" in der Zeit des Stalinismus verurteilt, obwohl es schon einige Anklagen der Ermittlungsabteilung des IPN und mehrere Prozesse gab. (Sta)