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In der Warteschleife

Bernd Johann1. Mai 2004

Seit dem 1. Mai 2004 ist die Europäische Union um zehn Staaten größer. Was aber wird aus den beitrittswilligen Ländern Südosteuropas? Sie sind bei dieser großen Erweiterungsrunde nicht dabei.

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Baustelle EuropaBild: European Communities

Die Europäische Union hat allen Ländern Südosteuropas eine Beitrittsperspektive eröffnet. Mit Rumänien und Bulgarien werden bereits Verhandlungen geführt. Auch mit Kroatien sollen die Gespräche in Kürze beginnen. Am 1. Mai sind diese Staaten allerdings noch nicht dabei. Sie hoffen, vielleicht schon 2007 dazu stoßen zu können. Werden sie bis dahin die notwendigen Reformen abschließen? Wird die EU ihre Zusagen einhalten? Ist die "EU der 25 Mitglieder" nach dem 1. Mai überhaupt willig und fähig zu weiteren Erweiterungen?

Tür wird offen gehalten

Für Gernot Erler, den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD im Deutschen Bundestag, besteht kein Zweifel, dass die EU die Tür für weitere Mitglieder offen halten wird. Er verweist auf das Beispiel Mazedonien, dessen Beitrittsantrag die EU erst im März entgegen genommen hat. Anlässlich der bevorstehenden EU-Erweiterung sagte er auf einer Konferenz von Deutscher Welle und Südosteuropa-Gesellschaft in Berlin:

"Ganz bewusst haben wir jetzt hier eine Konferenz gemacht, um wenige Tage vor diesem Feiertag daran zu erinnern, dass der Erweiterungsprozess der EU nicht beendet ist, wenn am 1. Mai diese zehn Staaten dazu kommen. (…) Aus unserer Sicht ist völlig klar, dass alle Staaten, die an diesem Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess teilnehmen, auch das Recht haben, Verhandlungen zu beantragen."

"Der Prozess wird Jahrzehnte dauern"

Politiker aus den Reihen der Unions-Parteien CDU und CSU äußern sich zurückhaltender unter Hinweis auf die Probleme des Integrationsprozesses. Gerd Müller, außen- und europapolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag:

"Wir müssen in der EU zum 1. Mai die Erweiterungsrunde um 10 Staaten vollziehen. Der Prozess wird Jahre, ja Jahrzehnte dauern. Dann steht die nächste Erweiterungsrunde an. Wir müssen uns da auch ein Stück Zeit nehmen. Die Staaten müssen auch ihre Hausaufgaben selber machen. Das ist Voraussetzung, um dann Rumänien, Bulgarien und gegebenenfalls Kroatien, aber ich schließe nicht aus, auch Mazedonien in diese Runde aufzunehmen".

Entscheidende Voraussetzung für den Beitritt sind ausreichende Fortschritte beim Reformprozess. Gerade in den Staaten des westlichen Balkan gibt es hier großen wirtschaftlichen Nachholbedarf wie zum Beispiel in Albanien und Mazedonien. Sorge bereitet zudem die anhaltende politische Instabiliät in Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro sowie der ungeklärte Status von Kosovo. Das sind Probleme, die jederzeit die Stabilität der Region erneut bedrohen können.

Zankapfel Türkei

Nach der Erweiterung ist also vor der Erweiterung. Vertreter von Regierungs- und Oppositionsparteien in Deutschland sind sich darin einig. Bei der Frage einer EU-Mitgliedschaft der Türkei aber liegen die Positionen weit auseinander, denn die Konservativen lehnen vor allem mit Hinweis auf die Grenzen der EU-Erweiterungsfähigkeit einen Beitritt Ankaras ab. Gernot Erler fasst die Kontroverse aus seiner Sicht zusammen:

"Auf der einen Seite sagen die Regierungsparteien: 'Wir müssen zu unserem Wort stehen: Die EU hat beschlossen, Ende dieses Jahres zu entscheiden, ob sie Verhandlungen mit der Türkei beginnt'. Wir sind allerdings sicher, dass diese Verhandlungen 12 bis 15 Jahre dauern werden, auch wegen der ökonomischen Notwendigkeiten. Und wir haben eine andere Position von der Opposition in Deutschland, die sagt, 'wir wollen das nicht, wir wollen gar nicht, dass die Türkei in die EU kommt'. Die Opposition hat deshalb etwas erfunden, nämlich eine 'privilegierte Partnerschaft'. Aber die EU kennt dieses Instrument nicht. Insofern gibt es keine Chance, dass dieser Vorschlag realisiert wird."

Noch ist die bislang größte Erweiterungsrunde in der Geschichte der EU nicht abgeschlossen. Die Diskussion um künftige Erweiterungen ist aber schon in vollem Gang.