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Politik

Merkel in der Herzkammer der Sozialdemokratie

12. August 2017

Angela Merkel zu Gast beim Arbeitnehmerflügel der Christdemokraten in Dortmund - also ausgerechnet in einer SPD-Hochburg. Es ist der erste von 50 geplanten Wahlkampfauftritten der CDU-Vorsitzenden.

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Merkel bei CDA-Veranstaltung in Dortmund
Bild: picture-alliance/dpa/I. Fassbender

Noch sechs Wochen bis zur Bundestagswahl: Es wird auch für die CDU-Vorsitzende Zeit, offiziell in den Wahlkampf zu starten - wobei ihre Auftritte auf der Weltbühne der vergangenen Monate oder bei den Wagnerfestspielen im Juli in Bayreuth sicher auch längst dazugehörten.

Nun war die kleine Westfallenhalle 2 in Dortmund das Podium für die Kanzlerin. Merkel war zu Gast bei der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). 800 Zuhörer waren im Saal, als Merkel bisherige Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit lobte und eine weitere Halbierung der Zahl der Menschen ohne Job ankündigte: Vollbeschäftigung bis zum Jahr 2025. So steht es auch im Wahlprogramm der Union.

Kritik an der Automobilindustrie

Auch auf den Diesel-Skandal ging Merkel ein: "Weite Teile der Automobilindustrie haben unglaubliches Vertrauen verspielt", sagte die CDU-Chefin zum Wohlgefallen des Parteipublikums und forderte von den Managern mehr Engagement bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien.

Merkel bei CDA-Veranstaltung in Dortmund
Rednerin Merkel: Heiterkeit mit AltdamenwitzBild: picture-alliance/dpa/I. Fassbender

Als Beispiel nannte sie autonomes Parken - aber eher scherzhaft: "Wer nicht so gut einparken kann, kann's ja heute schon automatisch versuchen. Ich spreche da vor allem die Männer an", versuchte die Kanzlerin mit einen Altdamenwitz bei den Konservativen für Heiterkeit zu sorgen.

Den SPD-Vorstoß für eine europaweite Quote für Elektro-Autos wies Merkel zurück. Sie glaube nicht, dass die Quote für E-Autos schon genau durchdacht sei, sagte die Kanzlerin zu dem Vorschlag, mit dem ihr SPD-Herausforderer Martin Schulz am Freitag vorgeprescht war. Ansonsten gönnte sie ihrem Widersacher in ihrer gut 40-minütigen Rede keinen weiteren Seitenhieb. Schulz bloß nicht aufwerten, schien Merkels Taktik in Dortmund zu sein, dort wo in der Regel Sozialdemokraten Wahlerfolge feiern.

Wohlfühlthemen der CDU

Dennoch rief Merkel ihre Partei zu einem lebhaften Wahlkampf auf. "Wir müssen werben, wir müssen kämpfen, wir müssen eintreten für unsere Anliegen", sagte sie und sprach von einem "speziellen Gefühl im Augenblick". Einerseits stehe Deutschland gut da, andererseits verspürten viele Menschen auch Unsicherheit.

Angela Merkel in der Westfallenhalle in Dortmund
Wahlkampfschauplatz kleine Westfallenhalle 2: Eine Kanzlerin und 800 Zuhörer im SaalBild: Getty Images/L. Schulze

Beobachter hatten bei Merkels Rede in Dortmund aber den Eindruck, dass sich die CDU-Chefin selbst nicht an diese Vorgabe zu mehr Lebhaftigkeit halten will. Auf der Internetseite der "Süddeutschen Zeitung" heißt es, Merkel habe ihre Rede in ihrem "typischen, umständlichen Sound" gehalten. "Spiegel Online" schreibt: "Keine Attacken, keine Konflikte." Und nach dem Eindruck der Deutschen Presse-Agentur blieb es bei Wohlfühlthemen der CDU.

SPD will härtere Gangart

Die Sozialdemokraten kündigten im Gegenzug eine härtere Gangart gegen die Kanzlerin an. "Die Schonzeit für Frau Merkel ist vorbei", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem Berliner "Tagesspiegel". Bis zum Wahltag am 24. September werde die SPD die CDU-Vorsitzende "Tag für Tag mit den Herausforderungen und Problemen unseres Landes konfrontieren, aber auch mit den Chancen, die sie verspielt hat". Merkel ruhe sich seit Jahren auf den wirtschaftlichen Erfolgen aus, die auf den Reformen ihres SPD-Amtsvorgängers Gerhard Schröder beruhten, kritisierte Oppermann.

Doch noch muss sich die Kanzlerin angesichts dieser Attacken ihres Koalitionspartners keine Sorgen machen. In Umfragen liegen die Unionsparteien und Merkel stabil vor den Sozialdemokraten und deren Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Die Union steht dabei in der Wählergunst zwischen 37 und 40 Prozent, die SPD zwischen 23 und 25 Prozent.

AR/jj (AFP, dpa, sueddeutsche.de, spiegel.de)