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Goldene Palme für Das weiße Band

27. Mai 2009

Michael Haneke wurde in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Sein Film "Das weiße Band" ist ein düsteres Schwarz-Weiß-Drama über den Zusammenhang von Erziehung und Gewalt.

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International film festival in Cannes, southern France, Sunday, May 24, 2009. (AP Photo/Lionel Cironneau)
Michael Haneke in CannesBild: AP

Er hat schon viele Preise bekommen für seine Filme, jetzt ist die Goldene Palme aus Cannes auch mit dabei. "Das weiße Band", so heißt das jüngste Werk des österreichischen Filmemachers Michael Haneke für das er am Wochenende in Südfrankreich ausgezeichnet wurde. Das in schwarz-weiß gedrehte Drama mit dem Untertitel "Eine deutsche Kindergeschichte" spielt in einem Dorf in Norddeutschland vor dem Ersten Weltkrieg. Haneke analysiert die autoritären Strukturen in den Familien und in der Dorfgesellschaft. Ein typischer Haneken-Streifen, denn das Thema „Gewalt und Gesellschaft“ spielt in vielen seiner Filme eine zentrale Rolle.

Viele Fragen, keine Antworten

Michael Haneke verlangt viel von den Zuschauern. Seine Filme sind keine leichte Kost, haben immer etwas Verstörendes. Oft legt er seine Werke wie einen Krimi an, inszeniert subtil Spannung und Schrecken. Eine Auflösung der Geschichte aber mit Schuldigen und Verantwortlichen gibt es am Ende nicht, aus Prinzip. Ein Film sei wie eine Sprungschanze, betonte er in Cannes. Springen jedoch müsse der Zuschauer selbst. So bleibt auch im jetzt mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Werk „Das weiße Band“ vieles bewusst im Unbestimmten.

Szene des Films "Das weiße Band" Foto: Les Film du Losange +++(c) dpa - Bildfunk+++
Szene des Films "Das weiße Band"Bild: picture-alliance/ dpa

Düstere Geschichte in Schwarz-Weiß

Gleich zu Beginn des Films lässt der Regisseur den Erzähler sagen "Ich weiß nicht, ob das, was ich Ihnen erzählen will, in allen Details der Wahrheit entspricht. Ich kann mich an vieles auch nur vom Hörensagen erinnern." So wird der Zuschauer von Anfang an in eine Situation der Unsicherheit geführt. Gleichzeitig ist Haneke sehr genau bei der ästhetischen Umsetzung seiner Ideen. Inhalt und Form müssten einander entsprechen. Da es im Weißen Band um Strenge geht, müsse das auch schon in den Bildern zum Ausdruck kommen. Daher die klare Entscheidung für Aufnahmen in Schwarz-Weiß.

Menschenforschung in Bildern

ein dunkelhaariger Mann mit weißem Ty-Shirt im Vordergrund
Funny Games von Michael HanekeBild: picure-alliance/dpa

Angst, Bedrohung und Gewalt bilden den Kern vieler Filme von Michael Haneke. Er nimmt das Verhalten von Menschen unter die Lupe, betrachtet es wie in einer Forschungsstudie. Der nüchterne Blick des Regisseurs wirkt dabei oft irritierend. Nach Arbeiten fürs Fernsehen gelang ihm mit seiner zweiten Kinoarbeit "Bennys Video“ 1992 eine Provokation: Der heute fast visionär wirkende Film über einen 14jährigen, der ein gleichaltriges Mädchen tötet, löste eine Diskussion über die Folgen von Gewaltvideos auf Jugendliche aus. Ein Thema, das Haneke fünf Jahre später mit dem Schocker "Funny Games“ weiter vertiefte. Hier quälen und foltern zwei Jugendliche eine Familie in einem Ferienhaus kaltblütig zu Tode, anscheinend ohne Motiv und ohne Emotion,

begleitet von Gewalt auf dem Fernsehschirm.

Michael Haneke glaubt nicht, dass einzelne Filme spezielle Gewalttaten auslösen. Aber die Summe der Gewalt auf dem Bildschirm und die Tatsache, dass sie permanent zu sehen sei, führe zur Abstumpfung. Darin bestehe die Gefahr: die Hemmschwelle, gewalttätig zu sein, werde so herabgesetzt.

Lob und Kritik

ein Paar in Umarmung auf Metallboden
Plakat zum Kinofilm "Die Klavierspielerin"

Manche Kritiker halten Hanekes Mischung aus düster-bedrohlicher Andeutung ohne klare Benennung der Verantwortlichen für aufgesetzt. Eindeutiges Lob hingegen erhielt der Regisseur für seinen 2001 erschienen Kinofilm "Die Klavierspielerin“ nach einem Roman von Elfriede Jelinek. Darin zeigt er die seelische Deformation einer jungen Frau, die von ihrer Mutter vollständig kontrolliert und bevormundet wird. Vielleicht fiel die Zustimmung zu diesem Film eindeutiger aus, weil hier der Auslöser der psychischen Krise zumindest zum Teil zu erkennen ist.

(gb/dpa)