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In 80 Jahren um die Welt

Sabine Damaschke, Antje Hollunder21. März 2012

Miteinander leben, voneinander lernen – so lautet das Motto der ältesten Austauschorganisation der Welt. Seit 80 Jahren vermittelt der internationale Verein "Experiment" Menschen jeden Alters in Gastfamilien.

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Menschen vor Globus in Panama-Stadt (Foto: AP)
Bild: AP

Keine Frage, singen kann Meredith Love. Ihrer deutschen Gastfamilie gibt die 16-jährige Austauschschülerin aus den USA daher gerne ein Ständchen. Wenn sie den berühmten Gospelsong "Amazing grace" zum Besten gibt, weht gleich ein kleiner Hauch Südstaatenatmosphäre durch das Wohnzimmer der Familie, die in Swisttal bei Bonn lebt und Meredith Love mit offenen Armen empfangen hat.

"Wir wollten ihr nicht nur eine Chance geben, Deutschland und die Deutschen besser kennenzulernen", sagt Gastvater Ulrich Kampe. "Uns ist es auch wichtig, die deutsch-amerikanische Brücke zu unterstützen, indem wir schon zur Jugend Kontakt aufbauen." Als sie in der Zeitung lasen, dass die internationale Austauschorganisation "Experiment" noch Gastfamilien sucht, meldeten sich die Kampes sofort.

Gastmutter und Gasttochter (Foto: Antje Hollunder)
Spaß am gemeinsamen Musizieren: Meredith und ihre GastmutterBild: DW

Interessiert an Deutschland

80 Jahre nach seiner Gründung hat der gemeinnützige Verein mehr denn je zu tun. 1932 führte der US-Amerikaner Donald Watt das "Experiment" der interkulturellen Begegnung in Eigeninitiative durch und vermittelte dabei die ersten Studenten nach Deutschland. Heute hat die Austauschorganisation Büros in 23 Ländern. Im vergangenen Jahr tauschte sie über 23.000 Teilnehmer im Schüleraustausch, im Freiwilligendienst oder über Praktika aus. In Deutschland vermittelte "Experiment" rund 2000 Austausche. In die Bundesrepublik kamen insgesamt 650 Teilnehmer aus 54 Ländern.

Meredith Love interessiert sich schon seit sechs Jahren für Deutschland. "Ich habe die Sprache von Anfang an gemocht und wollte sie gern lernen." Außerdem begeistert sie sich für die deutsche Geschichte und Architektur. So wie Meredith Love geht es immer mehr Schülern aus den USA, Lateinamerika und Asien. "Das deutsche Image hat sich gewandelt", beobachtet die Geschäftsführerin von "Experiment" Deutschland, Bettina Wiedmann. "Die Bundesrepublik gilt nicht mehr als so verstaubt, sondern gehört inzwischen zu den Ländern, die im internationalen Ranking hoch im Kurs stehen."

Meredith mit Gastfamilie (Foto: Antje Hollunder)
Voll integriert: Meredith Love und ihre GastfamilieBild: DW

Beobachten statt beurteilen

Um allen interessierten Gastschülern und -studenten einen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, vermittelt "Experiment" auch Stipendien. Außerdem bekommen die deutschen Gastfamilien für ihren Einsatz kein Geld. Im Gegenteil. Kost und Logis sind etwa für Meredith Love frei. Die Kosten für die Reise und Lernmaterial deckt ein Stipendium, das der Verein der amerikanischen Schülerin vermittelte. Ohne diese finanzielle Unterstützung hätte Meredith Love, die zuhause noch fünf ältere Brüder hat, niemals nach Deutschland kommen können.

Die jüngsten Teilnehmer sind 13 Jahre alt, die Ältesten um die 80 Jahre. Egal, welches Alter die Teilnehmer haben, eine Erfahrung machen alle: "Sie lernen, Menschen und Kulturen zu beobachten und nicht gleich zu beurteilen", so Bettina Wiedmann. Insofern leiste der Verein einen wichtigen Beitrag zu Toleranz und Frieden in der globalen Welt, betont die Geschäftsführerin. Schließlich stehe bei "Experiment" nicht das Sprachenlernen im Vordergrund, sondern die Begegnung mit Land und Leuten.

Heimweh durch Skype

Und die sieht auch 80 Jahre nach Gründung des Vereins nicht viel anders aus als damals. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen verändert, beobachtet Bettina Wiedmann. "1932 gab es natürlich kein Flugzeug, mit dem man fliegen konnte." Auch die Kommunikation ist durch E-Mail, Skype und Facebook anders als früher. Nicht nur zum Vorteil, meint die Geschäftsführerin. "Die ständige Verbindung zur Heimat erschwert es den Schülern oft, sich ganz auf die fremde Kultur einzulassen." Heimweh ist die Folge.

Meredith Love (Foto: Antje Hollunder)
Meredith LoveBild: DW

Meredith Love kennt das Gefühl. Doch auch in dieser Hinsicht fühlt sie sich bei "Experiment" gut aufgehoben, denn Teilnehmer und Gastfamilie werden von einem erfahrenen "Betreuer" begleitet. Die 24-jährige Studentin, die regelmäßig bei Familie Kampe vorbeischaut, war selbst einmal Austauschschülerin. "Sie kennt meine Gefühle und kann sich sehr gut auf Englisch mit mir unterhalten", sagt Meredith Love. "Das hilft mir, mein Heimweh schnell wieder zu vergessen."