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Impfung gegen Kokain

27. Oktober 2011

Für Kokainsüchtige gibt es bislang keine Substitutionsstoffe wie Methadon. Hoffnung geben Wissenschaflter aus den USA. Sie arbeiten an einer Impfmethode, die den Ausweg bringen soll.

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Kokain neben einem Papierröllchen (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Der Kampf gegen Drogenabhängigkeit ist langwierig und schwierig, nicht zuletzt für die Betroffenen. Oftmals kann ihnen über Ersatzsubstanzen wie beispielsweise Methadon geholfen werden. Für Kokainsüchtige aber gibt es bislang keine passenden Substitutionsstoffe. Ein Forscherteam aus den USA arbeitet daher an einer Impfung gegen Kokain. Sie soll den Rausch verhindern und die Patienten so von der Droge loseisen.

In Houston genauso wie in Philadelphia, New York und Cincinnati kommen die Probanden freiwillig in die Studienzentren. Sie alle sind kokainabhängig, viele von ihnen schon seit sechs oder sieben Jahren, und sie wollen unbedingt die Impfung gegen den Kokainrausch testen. Oft sei es der Druck von der Familie oder dem Arbeitgeber, der die Abhängigen zu diesem Schritt bringe, so Thomas Kosten. Er ist Psychiater am Baylor College of Medicine in texanischen Houston: "Die Patienten wollen auch wirklich selbst von der Droge loskommen. Sie haben es immer wieder versucht, aber nie geschafft."

Zwei Mädchen konsumieren Kokain (Foto: NatUlrich - Fotolia.com)
Kokain wird durch Papierröllchen in die Nase gezogenBild: Fotolia/NatUlrich

Der Kokain-Rausch bleibt aus

Menschen, die mit dem neu entwickelten Stoff geimpft werden, bilden Antikörper gegen Kokain. Diese Antikörper binden sich an das Kokain und sorgen dafür, dass die Droge nicht mehr im Gehirn wirken kann. Der Rausch bleibt aus. Das soll den Patienten dabei helfen, die Sucht loszuwerden, denn das Belohnungssystem, also das Sucht-Zentrum im Gehirn, wird nicht aktiviert.

Der Kokain-Antikörper-Komplex, erklärt Thomas Kosten, könne durch die Antikörper nicht mehr ins Gehirn eindringen, das Kokain bleibe im Blut, werde abgebaut und über den Urin ausgeschieden.

Erfolgreiche Wirkung

In den vergangenen Jahren haben die Forscher rund 400 Kokainsüchtige geimpft. Bei drei von vier Patienten schlägt die Impfung an. Sie bilden so viele Antikörper, dass auch höhere Kokaindosen keinerlei Wirkung haben. Die Impfung sei gut verträglich, sagen die Forscher. Auch Carl Hart von der New Yorker Columbia University kümmert sich um Drogensüchtige.

Bislang gibt es noch kein Medikament gegen Kokainsucht und so ist der Neurowissenschaftler von der Impfung sehr angetan. Aber die Impfung ist kein Allheilmittel: "Eine Kokainsucht ist eine extrem komplexe Verhaltensstörung. Und die kann man nicht einfach mit einer Spritze lösen. Das zu glauben wäre naiv," so Carl Hart.

Arbeiter auf einem Koka-Feld (Foto: DW/Steffen Leidl)
Aus dieser Koka-Pflanze wird Kokain hergestelltBild: DW/Steffen Leidel

Die Impfung kann zwar den Kokain-Rausch verhindern, aber das Verlangen nach Kokain, das sogenannte Craving, bleibt. In den ersten Wochen ist es besonders schwer. Wenn die Probanden Kokain nehmen und merken, dass nichts passiert, dann lässt dieses Craving meist nach. Doch es hat auch schon Patienten gegeben, die vor lauter Verzweiflung die zehnfache Dosis Kokain genommen haben, weil sie unbedingt high werden wollten, den Rausch brauchten. Zu einer Überdosis aber ist es nicht gekommen. Denn, so Carl Hart, vielen Patienten sei vorher schlichtweg das Geld ausgegangen.

Kokainsucht ist eine schwere Verhaltensstörung

Eine Impfung allein reicht nicht aus. Da sind sich die Wissenschaftler einig. Deswegen gehört zur Behandlung auch eine Verhaltenstherapie, in der die Patienten lernen, mit ihrer Sucht umzugehen. Diese Kombination könnte den Abhängigen auf längere Sicht helfen, von der Droge loszukommen. Aber von heute auf morgen geht das nicht. Eine Verhaltenstherapie kann Jahre dauern. Die Impfung aber, so Thomas Kosten, halte nur ein paar Monate und müsse immer wieder aufgefrischt werden.

Noch ist die Kokain-Impfung nicht zugelassen. Die Forscher müssen noch größere Studien durchführen, und sie brauchen eine Pharmafirma, die den Impfstoff herstellen und verkaufen will. Die gibt es zwar bisher noch nicht, aber die Warteliste für Probanden, die sich in den Studienzentren impfen lassen wollen, ist lang.

Autoren: Marieke Degen / Gudrun Heise
Redaktion: Fabian Schmidt