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Serie «Doping - der große Sumpf?»

Tobias Oelmaier

Anabolika, EPO, Aufputschmittel – alles harmlos gegen die Form von Doping, die im Moment am meisten gefürchtet wird, auch wenn noch gar nicht feststeht, dass es Gen-Doping überhaupt schon gibt.

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Bild: dpa

Gen-Doping - das hört sich furchterregend an. Man denkt an drei Meter große Hochspringer, Gewichtheber, so breit, dass sie nicht mehr durch eine normale Wohnungstür passen oder Schwimmer mit Schwimmhäuten zwischen den Fingern. Tatsächlich aber ist Gen-Doping schon verbreitet. Nur sind die sichtbaren Auswirkungen viel weniger spektakulär. Modifizierte Personen, meint Professor Mario Thevis, Doping-Experte an der Deutschen Sporthochschule Köln, sind nicht zu erwarten. Wohl aber würde das manipuliert, was die Gene tatsächlich produzieren, meist Proteine und Hormone. Indem man den natürlichen Ein- oder Ausschalter beeinflusst, könnte sich das auf das Muskelwachstum auswirken oder auf andere Faktoren, die für die sportliche Leistungsfähigkeit verantwortlich sind.

Was ist Gendoping?

Die Welt-Antidopingagentur definiert Gen-Doping als "den nicht-therapeutischen Gebrauch von Zellen, Genen, genetischen Elementen oder die Beeinflussung der Genexpression mit der Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit zu steigern." Streng molekularbiologisch versteht man unter Gen-Doping das Einschleusen von DNA- oder RNA-Molekülen in den menschlichen Organismus. So wird zum Beispiel in allen Muskelzellen laufend Myostatin gebildet, wenn diese durch Testosteron oder Training dazu stimuliert werden. Myostatin hat die Aufgabe, ein unbeschränktes Wachstum der Muskeln zu verhindern. Manipuliert man den Vorgang aber mittels Gen-Doping, wird diese Wachstumsbremse ausgeschaltet. In der Viehmast führt das zu mehr Fleisch – beim Menschen könnte es ein größeres Muskelwachstum und damit eine höhere Leistungsfähigkeit bewirken.

Keiner weiß, ob es Gendoping schon gibt

Soweit die Theorie. Ob und in welchem Maß Gendoping im Sport schon Anwendung findet, kann im Moment keiner mit Sicherheit sagen. Aber die Anti-Doping-Agenturen WADA und NADA haben sich schon in Position gebracht. Ulrike Spitz von der Nationalen Antidopingagentur NADA bestätigte, dass die Weltantidopingagentur WADA Gen-Doping schon in die Liste der verbotenen Methoden aufgenommen hat. Denn eines ist klar: "Die Bedrohung", so Spitz, "ist immens."

Die Angst vor Gendoping ist groß, vor allem deshalb, weil die Risiken so unkalkulierbar sind. Wie man die Mechanismen im Körper in Gang setzten kann, das mag schon bekannt sein, wie sie aber wieder bremsen, um sie nicht außer Kontrolle geraten zu lassen?

Doping auch an Embryonen?

Und wer mag verhindern, dass künftig vielleicht schon am ungeborenen Leben manipuliert wird? Schließlich wird bei Tomaten auch das Erbgut genetisch beeinflusst, damit sie schön rot und rund und schmackhaft werden. So weit ist man aber offenbar im Sport noch nicht, glaubt Professor Thevis, weil die Gentherapie als gesundes Gegenstück zum Gendoping noch so weit in den Kinderschuhen stecke, dass man hier von einer experimentellen Phase sprechen müsse. Die Risiken, die damit verbunden sind, sind seien so extrem groß, dass man mit Sicherheit nicht in die Keimbahn eingreife.

Die gute Nachricht kommt von Professor Klaus Müller, jahrelang Leiter des Doping-Labors in Kreischa: Sollte Gendoping tatsächlich zur Anwendung kommen, gebe es bereits heute Ansätze, die dessen Nachweisbarkeit versprächen. Dann wären die Kontrolleure endlich mal schneller als die Doper gewesen.