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Frauenpower gegen Hooligans

4. Juni 2011

Immer mehr Frauen in Deutschland verbringen ihre Freizeit mit Fußball gucken. Und sie verändern die Atmosphäre in den Stadien.

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weibliche Fußballfans (Foto: MiS)
Bild: picture-alliance / M.i.S.-Sportpressefoto

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) schätzt, dass ein Viertel der Zuschauer in den Bundesliga Stadien Frauen sind. Der traditionell männliche Sport ist im Wandel begriffen: Frauen sind mittlerweile ein selbstverständlicher Teil der "Fan-Familie" in den Stadien.

"Fußballfans - das waren früher Männer dicht gedrängt auf den Rängen", sagt DFL Sprecher Kay-Oliver Langendorff. "Jetzt haben die Spiele eher Event-Charakter. Die Stadien sind komfortabel ausgestattet. Immer mehr Zuschauer kommen mit ihren Kindern und machen sich hier einen schönen Tag."

Frauen des Fanvereins Evinger Sturmfalken (Foto: Kate Laycock)
Die Evinger Sturmfalken - Vier Generationen Dortmunder FrauenpowerBild: Kate Laycock

Deutschlands Stadien gehören zu den familienfreundlichsten der Welt, das liegt zum Teil auch daran, dass bei der Vorbereitung auf die FIFA Weltmeisterschaft 2006 in die Renovierung und Ausstattung im großen Stil investiert wurde.

Alexander Krause vom Kölner Marktforschungsunternehmen Sport+Markt sieht einen klaren Zusammenhang zwischen dem Zustand der Stadien und der Zusammensetzung des Publikums. "Es ist kein Zufall", meint er, "dass Deutschland das Land mit den meisten weiblichen Stadionbesuchern ist. Wenn Sie zum Beispiel nach Polen gehen, wo die Stadien in einem wirklich schlechten Zustand sind, werden Sie sehr wenige Frauen unter den Zuschauern sehen."

Mehr Frauen heißt weniger Hooligans

Der Signal Iduna Park des neuen Deutschen Meisters Dortmund fasst 80.000 Zuschauer. Dies war eines der Stadien, die im Vorfeld der WM 2006 noch einmal von Grund auf renoviert wurden.

Die 49-jährige Martina Kyriakidis ist Dortmund-Fan und regelmäßige Stadionbesucherin seit sie 13 Jahre alt war. Sie kann sich noch gut daran erinnern, wie unangenehm manches damals war. "Für die ganze Südtribüne im Stadion gab es nur zwei Frauentoiletten, da können Sie sich vorstellen, wie lange die Warteschlangen waren," sagt sie.

Ihre 17 Jahre alte Tochter Nina kann sich an diese Tage nicht erinnern. Sie kommt schon seit über zehn Jahren mit ins Stadion und ist, wie ihre Mutter, Mitglied des Fanclubs "Evinger Sturmfalken". Sie meint, dass sich ein sozialer Wandel in den Stadien vollzogen habe.

Trauernede Fußballfans (Foto: dpa)
Fußballfans sind emotionalBild: picture alliance/dpa

Früher, so meint sie, hätten gerade die rechtsextremen Fangruppierungen viele weibliche Fans abgeschreckt. Jetzt, seit es Kampagnen gegen Rassismus und Gewalt gibt, habe die Atmosphäre sich verändert und Frauen trauten sich ins Stadion und fühlten sich dort sicher. "Die rechte Szene ist verschwunden", sagt Nina. "Wir Fans haben sie verdrängt."

Ein Drittel der Stadionbesucher in Dortmund sind Frauen. Regina Ruml, die Vorsitzende der "Evinger Sturmfalken", stellt fest, dass die Atmosphäre besser werde, wenn mehr Frauen ins Stadion kämen: "Männer halten sich in Gegenwart von Frauen eher zurück", meint die 60-jährige Versicherungskauffrau.

Regina Ruml beobachtet, dass weibliche und männliche Fans eine unterschiedliche Grundeinstellung haben. "Bei Männern geht es immer nur ums Siegen, Siegen, Siegen", sagt sie mit einem Grinsen. "Als Frau sieht man das ein bisschen gelassener. Wir interessieren uns eher für das Spiel selbst und wie gespielt wird."

Die Zukunft des Fußballs ist weiblich

Weibliche Fußballfans sind auch ein Wirtschaftsfaktor. Nicht nur beim Kartenverkauf im Stadion. Nach den Erkenntnissen von Sport+Markt kaufen Frauen jährlich Fanartikel im Wert von über 100 Millionen Euro. Auch der BVB hat eine Damenkollektion im Fanshop-Angebot, die von Bekleidung über herzförmige Schlüsselanhänger mit Glitzersteinen bis zur eleganten Quartz-Armbanduhr reicht.

Damenartikel im Dortmunder Fanshop (Foto: https://www.bvb09shop.de/kategorie/Damen)
Fanartikel für Frauen sind ein WachstumsmarktBild: https://www.bvb09shop.de/kategorie/Damen

"Weibliche Fans sind der Marktbereich mit dem größten Wachstumspotential", erklärt Alexander Krause. "Der männliche Fan-Markt ist gesättigt, da kann man nur noch sicherstellen, dass er nicht kleiner wird. Bei Frauen ist das anders: Im Moment ist etwa ein Viertel der Fans weiblich - warum sollte das nicht bald die Hälfte sein?"

Ob die Begeisterung der weiblichen Fans sich auch auf Frauenfußball erstreckt ist eher fraglich. Nina aus Dortmund bezweifelt, dass sie sich für Frauenfußball wirklich begeistern kann. Ins Stadion will sie bei der FIFA Frauen WM jedenfalls nicht gehen. "Ich würde es vielleicht im Fernsehen gucken, aber es interessiert mich nicht wirklich. Irgendwie spielen die anders, und die Stimmung ist bestimmt anders im Stadion."

FIFA Präsident Sepp Blatter erklärt schon seit Jahren, dass die Zukunft des Fußballs weiblich sei. Nun ist seine Hoffnung, dass die Frauen WM 2011 in Deutschland auch dem Frauenfußball noch mal einen kräftigen Schub geben kann.

Autorin: Kate Laycock
Redaktion: Rina Goldenberg