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Im Sinkflug oder im Aufwind?

23. April 2009

Galeristen, Künstler und Sammler treffen sich in Köln bei der 43. Art Cologne. Die Messe steht in diesem Jahr im Zeichen der Krise - und neuer Chancen.

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Vor dem Eingang zur Art Cologne liegt 'Ikarus'von Stephan Balkenhol (Foto: dpa)
Höhenflug beendet: Balkenhols "Ikarus"Bild: picture-alliance/ dpa

Ein gefallener Ikarus empfängt den Besucher der 43. Art Cologne. Der Bronzekoloss von Bildhauer Stephan Balkenhol misst sechs Meter und bildet einen imposanten Blickfang im Eingangsbereich. Er bildet den Auftakt des Skulptur-Programms, das der neue Art-Cologne-Chef Daniel Hug ins Leben gerufen hat. "Für mich war es wichtig, der Art Cologne wieder ein Gesicht zu geben" sagt der ehemalige Galerist aus Los Angeles.

Art-Cologne-Leiter Daniel Hug (Foto: dpa)
Richtungsweisend: Art-Cologne-Leiter Daniel HugBild: picture-alliance/ dpa

Die Art Cologne ist mit 180 Teilnehmern - das sind 50 weniger als im Vorjahr - weiter auf Schrumpfkurs. Qualität statt Quantität lautet die Devise von Daniel Hug. So hofft der vor einem Jahr berufene Messechef, den Abwärtstrend von Deutschlands ältester und wichtigster Kunstmesse aufzuhalten. Internationaler ist die Messe allerdings noch nicht geworden. Amerikanische Galeristen sucht man so gut wie vergeblich.

Kunst in der Krise

Aber die Finanzkrise wirft auch einen dunklen Schatten auf den Kunstmarkt. Einige Galerien mussten bereits schließen. Viele Messen, wie die Art Basel Miami Beach im Dezember, klagen über massive Verkaufsrückgänge, andere wie die Fine Art Fair Frankfurt am Main wurden dicht gemacht.

Vor allem der zeitgenössischen Kunst steht eine schwierige Zeit bevor. Käufer setzen derzeit vor allem auf "Blue Chips" der Klassischen Moderne, deren Wertsteigerung als sicher gilt. Galerist Franz von Salis bietet als Highlight an seinem Stand Gemälde von Pablo Picasso, Max Ernst oder auch Gabriele Münter an. Ein Stillleben von August Macke verkauft er für 1,3 Millionen Euro und hofft dafür trotz Krise einen Kunden zu finden. "Ich glaube, dass der Kunstmarkt eine große Chance hat, weil das erste Mal in der Geschichte Kunstwerke als eine Anlage wahrgenommen werden", erklärt von Salis.

Schluss mit dem schnellen Hype

Messebesucher neben der Installation 'Orbit' von Tony Oursler (Foto: dpa)
Im Kunst-OrbitBild: picture-alliance/ dpa

Doch Messe-Chef Hug sieht in der Krise eine Chance für mehr Seriosität auf dem Kunstmarkt. "In den letzten sieben Jahren ist das Geschäft sehr hochpreisig geworden - wegen der vielen Spekulanten", meint er. Vor allem junge Künstler seien über Nacht entdeckt worden, Preise plötzlich um das Zehnfache gestiegen. Doch: "Sammler, die aus Liebe kaufen, die kaufen auch jetzt" - davon ist Hug überzeugt. Christian Nagel, einer der Topgaleristen mit Filialen in Berlin und Köln, räumt freilich ein, dass die Umsätze seit September 2008 zurückgehen. Von der Krise lässt er sich trotzdem nicht die Laune verderben. "Mein Messestand ist so wie immer, wir zeigen sehr große Arbeiten, teilweise Arbeiten, die vielleicht nicht unbedingt verkauft werden. Nichtsdestotrotz hat man die Krise im Kopf."

Spielwiese und Experimentierfeld

Wichtige Impulse kommen auch in diesem Jahr wieder vom Ausstellungsbereich "open space", der auf die traditionelle Kojen-Architektur verzichtet und der Kunst mehr Platz lässt, sich zu entfalten. Das "Forgotten Bar Project", ein Zusammenschluss von Berliner Künstlern, präsentiert sich in einem schwarz angestrichenen, provisorisch zusammengezimmerten Verhau. 45 Künstler auf gerade einmal zehn Quadratmetern."Mehr ist mehr" lautet die Devise von Initiator Tjörg Douglas Beer.

Installation von Bruno Peinado (Foto: dpa)
Kunst im Open Space: Bruno PeinadoBild: picture-alliance/ dpa

Mehr als einen Blick verdient die Zeichen-Serie "Ökonomische Eiszeit". Passend zum Darwin-Jahr erzählen der Künstler Jürgen Stollhans und der Biologe Federico Geller in ihrer Arbeit "Developmental noise" von der fiktiven Karriere des Weltraumaffen Ham, der vor Yuri Gargarin ins All flog. Entstanden ist eine großartige Zeichnungsserie. Wer für die Originale keine 1200 Euro bezahlen möchte, der kann sich die Geschichte auch für zwei Euro als Zeitungsnachdruck auf der Art Cologne kaufen.

Die Tage, in denen die Art Cologne international den Ton angab, mögen vorbei sein. Aber den ikarischen Griff nach der Sonne, den versucht in Köln sowieso niemand mehr. Verstecken muss sich die Kunstmesse deswegen aber noch lange nicht.

Autorin: Sabine Oelze

Redaktion: Cornelia Rabitz