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Im Schatten der Zuwanderungsdebatte

(Das Interview führte Gerhard Haase)14. März 2003

Am Donnerstag (13.3.2003) hat der Bundesinnenminister einen unveränderten Entwurf seines Zuwanderungsgesetzes im Deutschen Bundestag eingebracht. Damit tritt die Politik bei diesem Thema weiter auf der Stelle.

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Service mangelhaft: Ausländerbehörde HamburgBild: AP

Seit dreißig Monaten tagen Kommissionen, beraten und verwerfen der Bundestag und der Bundesrat die verschiedenen Entwürfe zu einem Zuwanderungsgesetz. Auch der "neue" Entwurf des Bundesinnenministers wird vermutlich keine Lösung bringen, denn er enthält keine Veränderungen, die von der Opposition gefordert worden sind. Sie hat darum ihre Zustimmung verweigert. Diese ist jedoch nötig, weil die sie über den Bundesrat, in dem sie die Mehrheit stellt, den Entwurf des Innenministers scheitern lassen kann.

Leidtragende des endlosen Hickhacks sind nach Einschätzung von Experten vor allem die Kinder der hier lebenden, wie auch der zuzugswilligen Ausländer. Denn deren Integration in die deutsche Gesellschaft hängt mit ihren Bildungschancen zusammen. Diese wiederum sind wichtiger Teil eines Zuwanderungsgesetzes.

Interview

Die Deutsche Welle sprach über dieses Thema mit Hakki Keskin. Er ist Professor für Migrationspolitik an der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Hamburg und Vorsitzender der türkischen Gemeinden in Deutschland.

DW: Herr Keskin, was muss geschehen, um Zuwanderer optimal in die deutsche Gesellschaft zu integrieren?

H. Keskin: Die Bildung und Ausbildung ausländischer Kinder und Jugendlicher müssen, denke ich, mit besonderen Fördermaßnahmen verbessert werden. Bekanntlich ist es so, dass es sowohl im Bildungsbereich, als auch im Ausbildungsbereich Nachholbedarf für Kinder nicht-deutscher Herkunft gibt. Leider gibt es keine Antwort auf dieses Problem im Zuwanderungsgesetz, also das heißt, das Zuwanderungsgesetz sieht hierfür keine Maßnahmen eigentlich vor.

DW: Die Pisa-Studie hat gezeigt, dass das Leistungsniveau in Schulklassen mit mehr als einem Fünftel Ausländer-Anteil abfällt. Woran liegt das nach Ihrer Meinung?

H. Keskin: Man muss festhalten, dass die Politik es versäumt hat, Zuwanderern und ihren Kindern die Möglichkeit zu geben, die deutsche Sprache während ihrer ersten Aufenthaltsjahren oder im Laufe der Aufenthaltsjahre zu erlernen.

DW: Wie ist es zu erklären, dass die türkischen Gemeinden, denen sie vorstehen, am Entwurf der Bundesregierung die Herabsetzung des Nachzugsalters auf 12 Jahre kritisieren? (Anm. der Red.: Bis zu diesem Alter dürfen Kinder ihren Eltern nach Deutschland nachziehen) Je jünger die zuwandernden Kinder sind, desto größter könnten ihre Bildungschancen sein?

H. Keskin: Manche Eltern schicken ihre Kinder lieber etwas länger im Herkunftsland zur Schule, weil sie dort gerade eine bessere Beschulungsmöglichkeit haben. In diesen Fällen ist es zu verstehen, glaube ich, dass man sagt: 'Lieber mit sechzehn Jahren, anstelle mit 12 Jahren', sozusagen inmitten der Schulkarriere.

DW: Die Perspektive der Kinder von immerhin 2,7 Millionen Ausländern, die nur mit befristeter Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben ist noch ungeklärt. Was bedeutet das für die Familien?

H. Keskin: Befristeter Aufenthalt bedeutet, man kann eine Verlängerung verweigern oder ablehnen. Und das bedeutet auch für die Kinder, dass man die Zukunft der Kinder, die schulische und berufliche Ausbildung der Kinder nicht klar perspektivisch sehen kann.

DW: Welche Vorschläge machen Sie für ein neues Zuwanderungsgesetz?

H. Keskin: Ich denke, wenn weitere Verschlechterungen oder Verschärfungen im Zuge der Forderungen der Unions-Parteien in Betracht kommen, dann soll es lieber so bleiben, wie es heute ist und deshalb meinen wir, nach Möglichkeit keinerlei Veränderungen in diesem Gesetz.