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Im "Märchenland" jüdische Kultur erfahren

Sabine Voßen 16. März 2005

Jüdisches Leben spielt sich in Deutschland meist in Metropolen wie Berlin oder München ab. In Potsdam gibt es jetzt eine jüdische Kindertagesstätte mit einem besonderen Konzept.

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Kinder zeigen auf ihre Namensschilder in Deutsch und HebräischBild: dpa Zentralbild

Die vierjährige Mischel hängt an den Lippen ihrer israelischen Betreuerin Lea Blau. Gemeinsam singen sie ein hebräisches Lied zum Sabbat, dass das Mädchen mit dem lockigen Pferdeschwanz schon recht gut kann. Nur an der einen oder anderen Stelle hakt es noch.

Danach ist Mittagessenszeit in der Kindertagesstätte "Märchenland": Während die derzeit elf jüdischen Kinder in ihrem eigenen Raum koscher zubereitete Kartoffeln und Suppe bekommen, essen die anderen etwa 200 Kinder im Haus verteilt ihre Mahlzeit. Etwa zwei Stunden am Tag sind die jüdischen Kinder unter sich und lernen durch Lieder und Spiele die jüdische Religion, Bräuche und Riten kennen. Sie sprechen noch kaum Deutsch, sondern unterhalten sich in ihrer Muttersprache Russisch.

Spielerisch lernen

Bei der Betreuerin Lea Blau lernen sie Hebräisch, während sie sich durch den Kontakt mit den anderen Kindern und Erzieherinnen langsam an das Deutsche heran tasten. "Die verständigen sich wirklich mit Händen und Füßen und spielen auch einfach so zusammen", sagt die Erzieherin Christiane Horst. "Für die Kinder ist die Sprache dann gar nicht mal so wichtig. Manchmal sprechen die Kinder die andere Sprache auch irgendwie nach, und das ist ganz süß zu sehen. Die haben keine Probleme miteinander."

Genau das ist das Ziel der Kindertagesstätte "Märchenland": Nach und nach sollen die russisch-sprachigen Kinder ohne große Mühe Deutsch lernen, die anderen lernen etwas über das Judentum - auch ganz nebenbei. Die Betreuungseinrichtung ist nicht religiös orientiert, sondern verfolgt einen integrativen Ansatz. Die Einbindung des jüdischen Kindergartens ist für Geschäftsführer Peter Große wichtig, um den Kindern schon von klein auf möglichst viele Kulturen und Religionen nahe zu bringen: "Wachsen Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern gemeinsam auf, ist das die beste Prävention gegen Rassismus und Dummheit. Denn dann ist es für die Kinder ganz normal."

Jüdische Schule geplant

Im Bundesland Brandenburg leben mehr als 2000 Juden, nur 800 davon sind auch Teil einer Gemeinde. Der Potsdamer Rabbiner Nachum Presman kämpft seit Jahren dafür, dass das religiöse Leben in Brandenburg wieder eine größere Rolle spielt. Der jüdische Kindergarten ist für ihn nur der Anfang. "Für die jüdische Erziehung müssen wir sehr viel tun und eine Gruppe im Kindergarten, das reicht nicht. Das ist nur der erste Schritt. Wir planen schon eine Schule zu eröffnen und wir sind sicher, dass wir das schaffen."