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Kaurismäkis Flüchtlingsfilm "Die andere Seite der Hoffnung"

Jochen Kürten
29. März 2017

Wie bringt man das Thema Flucht und Vertreibung in einem Spielfilm auf die Leinwand? Einige Regisseure sind mit dem schwierigen Sujet schon gescheitert. Der Finne Aki Kaurismäki zeigt, wie man es macht.

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Standbild des Filmes "Die andere Seite der Hoffnung" von  Aki-Kaurismäki
Bild: Pandora Film

Wäre es nach den internationalen Kritikern gegangen, dann hätte "Die andere Seite der Hoffnung" bei der Berlinale die Siegestrophäe, den Goldenen Bären bekommen. Die britische Filmfachzeitschrift "Screen International" listet Jahr für Jahr auf, wie die einzelnen Wettbewerbsbeiträge der Berliner Filmfestspiele abschneiden. 2017 stand dort ganz eindeutig das Werk des Finnen an der Spitze der Kritiker-Rangliste. Doch die Jury unter Vorsitz des niederländischen Regisseur Paul Verhoeven entschied am Ende anders und verlieh dem ungarischen Beitrag "On Body and Soul" den Hauptpreis.

Freude über einen Silbernen Bären

Immerhin bekam Kaurismäki dann zum Abschluss des Festivals den Silbernen Bären für die beste Regie. Ob der Finne bei der Bären-Gala so schwer alkoholisiert war, weil er sich wegen des verpassten Goldenen Bären grämte, ist nicht überliefert. Aber wahrscheinlich hat sich Kaurismäki auch über den Silbernen Bär gefreut. Dazu hatte er allen Grund. "Die andere Seite der Hoffnung" ist einer seiner gelungensten Filme.

Standbild des Filmes "Die andere Seite der Hoffnung" von  Aki-Kaurismäki. Foto: Pandora Film
Standbild aus dem Film "Die andere Seite der Hoffnung"Bild: Pandora Film

Einen Kaurismäki-Film erkennt man immer sofort. Es gibt wohl nur wenige Regisseure, die eine so eigenwillige, schnell zu identifizierende Handschrift haben wie Kaurismäki. Das wird auch in "Die andere Seite der Hoffnung" offensichtlich. Die Geschichte, die der Finne erzählt, vereint wieder die für ihn so typische Mischung aus trockenem Humor und skurrilem Witz, aus Melancholie und künstlicher Tristesse.

Schwere Kost - poetisch serviert

Gerade bei einem solch politisch hochaufgeladenen "schweren" Thema erwies sich Kaurismäkis eigenwilliger Regiestil als Geschenk. Wo andere Regisseure nicht selten mit erhobenem Zeigefinger und einem anklagenden Gestus daherkommen, da lässt der Finne seinen Zuschauern Raum zum Atmen. Was nutzt es, im Kino moralische Botschaften zu verkünden, seien sie nun intellektuell verbrämt oder mit Zuckerguss à la Hollywood überzogen? Das politisch ambitionierte Kino erreicht sein Publikum nachhaltiger und ehrlicher, wenn es seine Geschichte nicht mit dem Ballast einer Moralkeule beschwert.

Standbild des Filmes "Die andere Seite der Hoffnung" von  Aki-Kaurismäki. Foto:  Pandora Film
Musik in Kaurismäkis "Die andere Seite der Hoffnung"Bild: Pandora Film

Kaurismäki, der Meister des filmischen Understatements und des lakonischen Witzes, hat in "Die andere Seite der Hoffnung" zwei Protagonisten präsentiert, die das Berlinale-Publikum im Sturm erobert haben. Es ist ihm meisterhaft gelungen, das Thema Flüchtlingskrise zu behandeln, ohne dabei auf Härten zu verzichten oder die Realität auszublenden. "Ich würde gern die Einstellung der Finnen ändern", hat Kaurismäki in Berlin gesagt. 20.000 Iraker seien nach Finnland gekommen, viele seiner Landsleute hätten das "als Angriff empfunden, wie einen Krieg". Das habe ihn sehr erschreckt. Er habe sich mit dem Film "zu Wort melden" müssen.

Der Kanzlerin, von vielen Deutschen gerade aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik hart angegangen, zollte er Respekt: "Ich respektiere Frau Merkel. Denn sie ist die einzige Politikerin, die zumindest an dem Problem interessiert scheint," sagte Aki Kaurismäki in Berlin.