1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Im Kampf gegen Biopiraterie

Rachel Baig9. April 2013

Viele Medikamente basieren auf Pflanzenextrakten, deren Heilwirkung indigene Völker seit langem nutzen. Pharmakonzerne lassen sich die Medikamente patentieren und profitieren. Die indigenen Völker gehen meist leer aus.

https://p.dw.com/p/18CXw
Heilpflanzen aus dem Regenwald werden auf einem Markt verkauft.
Bild: picture alliance/WILDLIFE

Schon seit Jahrhunderten wird die Rosafarbene Catharanthe, auch Madagaskar-Immergrün genannt, nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent als traditionelles Heilmittel genutzt: Auf den Philippinen setzten indigene Völker sie etwa als Appetitzügler ein. Da das Madagaskar-Immergrün auch eine starke Senkung der weißen Blutkörperchen im Blut hervorruft, hilft die Pflanze darüber hinaus gegen Leukämie.

Heute ist sie Bestandteil vieler Medikamente, die sich Pharmakonzerne patentieren lassen und auf den Markt bringen. Die Unternehmen, die sich des Madagaskar-Immergrüns und anderer exotischer Pflanzen für ihre Präparate bedienen, fahren oft hohe Gewinn mit dem Verkauf der Medikamente ein. Die eigentlichen Eigentümer des biologischen Guts, die die Heilwirkung der Pflanzen schon lange für sich nutzen, gehen meist leer aus. Viele Enwicklungsorganisationen werfen den Unternehmen daher Biopiraterie vor.

Dem Vorwurf der Produktpiraterie sind aber nicht nur Medikamentenhersteller ausgesetzt, sondern etwa auch Unternehmen, die vermeintlich neue Früchte und Gemüsesorten entwickeln. Im Jahr 2000 erhielt etwa die US-amerikanische Firma DuPont vom Europäischen Patentamt ein Patent, das alle Maispflanzen umfasst, die einen bestimmten Anteil Öl und Ölsäure überschreiten. Allerdings gab es diese Art von Maispflanzen bereits seit langer Zeit, wie unter anderem die mexikanische Regierung und die Umweltorganisation Greepeace kritisierten.

Traditionelles Wissen schützen

Rosafarbene Catharanthe (Foto: dpa)
Die Rosafarbene Catharanthe wird schon seit Jahrhunderten als Heilmittel eingesetztBild: picture alliance/Arco Images


Bemühungen im Kampf gegen Biopiraterie gibt es schon länger - mit Erfolg: Im März 1995 erhielten zwei indisch-stämmige Forscher von der University of Mississippi ein Patent auf Kurkuma in der Verwendung als Wundmittel. Kurkuma ist eine aus Südasien stammende Pflanzenart, die normalerweise frisch und getrocknet als Gewürz verwendet wird. Der Indian Council for Scientific and Industrial Research, Indiens größte Forschungs- und Entwicklungsorganisation, klagte gegen das US-Patentamt: Kurkuma würde in Indien bereits seit vielen Jahrhunderten für die Behandlung von Wunden und Ausschlägen verwendet. Bei der Klage stützte sich die Organisation auf einen altertümlichen Sanskrit-Text. Das US-Patentamt löschte daraufhin dieses und weitere Patente im Zusammenhang mit Kurkuma.

Im Oktober 2010 wurde schließlich das Nagoya-Protokoll auf der UN-Biodiversitätskonvention angenommen. Es ist ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen mit dem Ziel, den Gewinn aus Ressourcen, wie Heilpflanzen, gerechter zu verteilen, damit auch die Bevölkerung profitiert, die die Ressourcen ursprünglich anbaute und nutzte. Allerdings sei dieses völkerrechtliche Abkommen kaum gesetzlich umgesetzt worden, kritisiert Sven Hilbig, Referent für Welthandel bei der Organisation Brot für die Welt.

Sven Hilbig, Referent für Welthandel und Umweltpolitik für Brot für die Welt. (Foto: Copyright Sven Hilbig) via Rachel Baig DW +++Laut Herr Hilbig, hat er die Rechte an dem Bild, da er dieses regelmäßig für Publikationen nutzt. Und er hat, wie in der Mail erwähnt, diese an die DW zum Zwecke der Berichterstattung erteilt. +++
Sven Hilbig, Referent für Brot für die WeltBild: Sven Hilbig

Rechtliche Regelungen

Dieser Vorwurf trifft auch die Europäische Union - einer der Unterzeichner des Nagoya-Protokolls. Erst 15 Staaten haben das Protokoll in nationales Recht umgesetzt - die EU-Staaten gehören nicht zu ihnen. 50 Ländern braucht es insgesamt, damit es weltweite Verbindlichkeit erlangt.

Allerdings sind viele Nichtregierungsorganisationen der Meinung, dass auch mit dem Protokoll eindeutige Fälle von Biopiraterie in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zukünftig nicht verhindert werden könnten. Denn der Richtlinienentwurf der EU zur Umsetzung des Protokolls sei lückenhaft. Er enthalte etwa keine Neuregelung für die Vergabe von Patenten. Wer ein Patent beantragt, soll in Zukunft nachweisen müssen, woher die neuen Inhaltsstoffe stammen, und dass sie auf faire und legale Weise bezogen wurden, fordert etwa Hartmut Meyer von Brot für die Welt im DW-Interview. Laut Meyer ist der erfolgreiche Kampf gegen Biopiraterie auch davon abhängig, ob die Verbraucher ein Bewusstsein für die Problematik entwickeln.

U.S. Schauspieler Harrison Ford bei einer Pressekonferenz in Nagoya (Photo: dpa Shinji Kita)
Mit Harrison Ford hat der Kampf gegen die Biopiraterie einen Weltstar auf seiner SeiteBild: picture-alliance/dpa

Ein Erfolg ist möglich

"Wir müssen mehr in Entwicklungsländern tätig werden", fordert Yoke Ling Chee vom Third World Network. "Die Menschen dort müssen besser über Biopiraterie informiert werden. Generell sollten Verbraucher wissen, welche Produkte mit Biopiraterie hergestellt wurden." Ein Beispiel dafür, wie der Kampf gegen Biopiraterie gelingen kann, gibt es bereits: Unter den Regelungen zum Access and Benefit Sharing, ein Mechanismus zum Schutz von natürlichen Ressourcen, kann die Nutzung von dokumentierten traditionellen Wissen gegen eine Lizenz freigegeben werden. So können indigene Gemeinschaften von der Nutzung ihres Wissens profitieren. Diese Bemühungen sind in Indien am weitesten vorangeschritten. Dort wurde die "Traditional Knowledge Digital Library", eine Datenbank für Heilpflanzen, eingerichtet.