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Im Dschungel der Reformen

Sabine Kinkartz10. Oktober 2003

Deutschland soll verändert werden. Mit der Agenda 2010. Aber wer blickt bei den ganzen Reformen noch durch? Politiker kapitulieren, Journalisten auch. Nur die Kommissionen scheinen ihre Freude zu haben.

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Eigentlich war es ein ganz normaler Nachmittag und eine ganz normale Planungskonferenz in unserem Parlamentsstudio, aber dann fiel mir beim Blick auf die Termine des nächsten Tages das Stichwort "Reformen" in die Augen. Im Bundestag gab es Abstimmungen über die Gesundheitsreform, die Reformen beim Arbeitslosengeld und beim Kündigungsschutz, dann noch Beratungen über die Steuerentlastung, den Subventionsabbau, die Gemeindefinanzen und die Arbeitslosenhilfe - alles Reformen, wohlgemerkt – und im Bundesrat standen die Reformen am Arbeitsmarkt und bei den Gemeindefinanzen auf der Tagesordnung und dann war da auch noch das Haushaltsbegleitgesetz, dahinter verbirgt sich der geplante Subventionsabbau und das sind ja auch Reformen. Dann gab es noch ein paar Reformen – um das Wort jetzt zum siebten Mal zu gebrauchen – aber an die kann ich mich jetzt so spontan schon gar nicht mehr erinnern und ich wette, das geht nicht nur mir so.

Papier-Stapel

Von Kollegen in anderen Redaktionen hörte ich schon Ähnliches und von den Abgeordneten hat man hin und wieder auch den Eindruck, dass sie nicht so ganz durchblicken. Wie auch? Noch nie ist im Bundestag so viel Papier bedruckt worden - mit Reformvorschlägen, versteht sich - und das schleppen die Parlamentarier jetzt stapelweise durch die Gänge der Abgeordnetenhäuser und lesen und lesen und lesen – und verstehen müssen sie es ja auch noch.

Vielleicht hat das alles ja mit den vielen Kommissionen zu tun. Süßmuth, Weizsäcker, Rürup, Herzog, am laufenden Band werden Reformvorhaben erarbeitet, die mit den vielen prominenten Namen geschmückt besondere Kompetenz verheißen sollen. Dann werden die Vorschläge diskutiert, aber das wird dann noch verwirrender, weil zum Schluss keiner mehr so genau weiß, was vom ursprünglichen Reformkonzept noch übrig geblieben ist. Und das, was übrig bleibt, das wird dann im Gesetzgebungsverfahren noch einmal verändert, denn schließlich herrschen im Bundesrat andere politische Mehrheitsverhältnisse, als im Bundestag und da muss man sich dann parteiübergreifend einigen.

Reformen-Plan

Wie das ausgeht, das können wir übrigens demnächst wieder beobachten, denn am 7. November sind die meisten der derzeitig aktuellen Reformen zum nächsten Mal im Bundesrat und von dort aus gehen sie wohl in den parteiübergreifenden Vermittlungsausschuss, und dann wird sich zeigen, ob der bis Ende des Jahres zu einem Ergebnis kommt.

Wir hier im Parlamentsstudio sind jedenfalls gerüstet. Wir haben uns nämlich einen Plan an die Wand gehängt, da steht genau drauf, wann welche Reform an welcher Stelle im Gesetzgebungsverfahren angelangt ist. - So behalten wenigstens wir den groben Überblick, das ist doch schon einmal was, oder?